Der VfB-Innenverteidiger Georg Niedermeier ist von verschiedenen Trainern aussortiert worden – und hat sich jedes Mal wieder zurück ins Team gekämpft. Die Zukunft des 29-Jährigen ist aber völlig offen.

Stuttgart/Köln - Müde sieht Georg Niedermeier nach dem 3:1-Sieg beim 1. FC Köln aus – kein Wunder: er hat auch diesmal alles gegeben. Er hat gegrätscht, geköpft und sich in jeden Zweikampf geworfen, wie üblich weder sich noch den Gegner geschont. Nur eine Aufgabe lässt er unerfüllt, als der Innenverteidiger des VfB schweren Schrittes aus der Kabine kommt: Fragen zu seiner Person will er auch diesmal nicht beantworten.

 

Dabei hätte er so viel zu erzählen.

Niedermeier ist in der Abwehr derzeit gesetzt

Georg Niedermeier (29), seit ziemlich genau sieben Jahren beim VfB und damit der dienstälteste Profi, ist ein Phänomen. Von praktisch jedem neuen Trainer, der nach Stuttgart kam, ist er aussortiert worden – und stand jedes Mal irgendwann wieder in der Mannschaft. Wenn beim Spiel gegen den Hamburger SV am Samstag (18.30 Uhr) Timo Baumgartl seinen Infekt auskuriert und Toni Sunjic seine Gelbsperre abgesessen hat, dann muss nur Daniel Schwaab um seinen Platz in der Abwehr fürchten. Niedermeier ist derzeit gesetzt – und die Frage lautet: spricht das für ihn oder eher gegen den VfB?

Georg Niedermeier hat nie verstanden, warum so oft an ihm gezweifelt wird. Vom FC Bayern war er gekommen und sah sich zu Höherem berufen. Schließlich war auch er ein Hermann-Gerland-Schüler wie vor ihm Lahm und Schweinsteiger. Eine Ausstiegsklausel für eine mögliche Rückkehr ließ er sich in seinen Vertrag schreiben und sprach von der Nationalmannschaft, als er noch Interviews gab.

Seinen Frust hat er offen zur Schau getragen

Entsprechend groß war jedes Mal seine Enttäuschung, wenn er wieder auf der Ersatzbank oder gar der Tribüne landete. Seinen Frust stellte Niedermeier offen zur Schau. Er erreichte seinen Höhepunkt, als im Laufe dieser Saison Alexander Zorniger darüber sprach, keinerlei Verwendung für den kantigen 1,90-Meter-Hünen zu haben. „Kommt mir jetzt bloß nicht mit Georg Niedermeier“, entgegnete der damalige Trainer, als die Frage lautete, wer die Flut an Gegentoren stoppen könnte.

Zumindest in diesem Fall kann man Zorniger nicht vorwerfen, die Dinge völlig falsch eingeschätzt zu haben, denn vor ihm hatten auch die Fußballästheten Thomas Schneider und Armin Veh nur sehr begrenzte Freude an Niedermeiers brachialem Spiel. Und selbst Huub Stevens, der Liebhaber robuster Zweikämpfe und altdeutscher Tugenden, sah in der vergangenen Saison keine andere Möglichkeit, als den Innenverteidiger vor den entscheidenden drei letzten Spielen auszubooten.

Begrenzte Technik, eiserne Disziplin

Es lassen sich also nicht viele Kronzeugen finden, die Niedermeiers Selbstwahrnehmung teilen, permanent verkannt zu werden. Vielmehr sind die Fachleute der Meinung, dass es der Stehaufmann viel weiter gebracht hat, als es seinem Talent entspricht. Niedermeier ist technisch limitiert, seine Spieleröffnung landet nicht selten beim Gegner, und besonders schnell ist er auch nicht. Er ist gewissermaßen der Gegenentwurf zu dem, was man einen modernen Verteidiger nennt. Dass er es trotzdem zu einem langjährigen Bundesligaprofi gebracht hat, ist eine stolze Leistung, die er nicht zuletzt seiner eisernen Disziplin zu verdanken hat. Es gibt nicht viele Spieler, die so hart an sich arbeiten und sich so oft im Kraftraum schinden.

Es spricht auch für Niedermeier, dass er sich immer wieder ins VfB-Team zurückgekämpft hat – dem regelmäßigen Abstiegskampf sei Dank. Dort geht es nicht um spielerische Lösungen, sondern erst einmal um jene Tugend, die Niedermeier wie kaum ein anderer verkörpert: den bedingungslosen Kampf bis zur Selbstaufgabe. Daran hat sich auch Jürgen Kramny erinnert und den Abwehrspieler im November aus der Versenkung geholt. Wäre die Vorrunde erfolgreicher verlaufen und Zorniger im Amt geblieben, dann hätte Niedermeier den VfB im Winter mutmaßlich verlassen.

Im Sommer läuft Niedermeiers Vertrag aus

Nun lautet die Frage, wie es im Sommer weitergeht. Dann läuft sein Vertrag aus. Der VfB will sich in den nächsten Wochen Niedermeiers Leistungen genau anschauen, eine Verlängerung ist nicht mehr völlig ausgeschlossen. Doch soll spätestens von der neuen Saison an der Abstiegskampf der Vergangenheit angehören. Fraglich, ob seine Dienste dann noch benötigt werden. Als vierter Innenverteidiger vielleicht, als Mann für alle Fälle – doch das ist nicht die Rolle, die Georg Niedermeier vorschwebt.