VfB-Trainer Bruno Labbadia ist besorgt, weil sein Team gegen den 1. FC Kaiserslautern eine Führung verspielt und Abstiegsangst offenbart.
Stuttgart - Nein, das schiebt Bruno Labbadia zum Schluss noch nach, er wolle ganz sicher keine Panik innerhalb des VfB-Fanvolkes verbreiten. Dennoch lässt der Trainer bereitwillig durchblicken, dass auch er nicht frei von Zweifeln ist. "Es wäre etwas Besonderes", sagt Labbadia deshalb, "wenn wir nicht absteigen würden. Denn bei uns kommt in dieser Runde sehr viel Negatives zusammen." Und weiter mahnt der Trainer: "Niemand sollte glauben, dass alles schon gut gehen wird, nur weil wir der VfB sind."
Die Zuversicht des obersten Stuttgarter Fußballlehrers, der sein Engagement im Verein für Bewegungsspiele seit seinem Dienstbeginn realistisch einschätzt ("mir ist jeden Tag bewusst, auf welch dünnem Eis wir uns bewegen"), hat durch das bittere 2:4 gegen den 1. FC Kaiserslautern, einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, also einen Knacks abbekommen.
Und auch der Manager Fredi Bobic spricht von "einem Nackenschlag, dessen Ursachen die Spieler jetzt einmal selbst erklären sollen." Die Wucht der Enttäuschung bei den Sportchefs hat mit der Größe der Chance zu tun, die der VfB nach einer 2:1-Pausenführung gegen die Pfälzer vergeben hat. Ein Sieg hätte die Elf auf Tabellenrang 13 befördert - mit fünf Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz.
Auch Kuzmanovic ist in der zweiten Hälfte abgetaucht
Dass es anders gekommen ist, wurmt Bruno Labbadia mächtig - und zwar nicht nur, "weil wir in der zweiten Halbzeit etwas leichtfertig aus der Hand gegeben haben, was wir uns in den vergangenen Wochen so hart erkämpft hatten." Der Lauf jedenfalls, zu dem die Stuttgarter mit zuvor fünf Spielen ohne Niederlage angesetzt hatten, ist jäh gestoppt - und der Berg der Probleme, vor dem Labbadia und Co. stehen, der ist nicht kleiner geworden.
Da ist eine verunsicherte und von Verletzungen geplagte Mannschaft, innerhalb der sich die Kritik des Trainers diesmal am Mittelfeld entzündet: "Dort wollte nach der Pause keiner mehr den Ball haben", sagt der VfB-Coach, der im Team "immer wieder Angst" verspürt. Tatsächlich tauchte auch Zdravko Kuzmanovic, der mit seinem Elfmetertor zum 1:1 (26.) und seinem herrlichen Außenristpass auf Cristian Molinaro vor dem 2:1 durch Pawel Pogrebnjak (39.) groß aufgespielt hatte, nach dem Wechsel völlig ab.
Da Christian Gentner seit Monaten erschreckend schwach spielt, könnte in der Zentrale der Spielwitz des diesmal verletzten Tamás Hajnal (Oberschenkel) noch zu einer Lebensversicherung für den VfB werden.
Das Publikum wendet sich teilnahmslos ab
Doch auch andere offenbaren große Defizite: Etwa Martin Harnik, der bei Standards gegen den zweifachen Lauterer Kopfball-Torschützen Srdjan Lakic eingeteilt war und der weit von jener Schlagkraft entfernt ist, die ihn als Joker ausgezeichnet hat. Weil sich auch der eifrige Christian Träsch viele Ballverluste leistete - zwei davon führten nach schwachem Anspiel der Kollegen Molinaro und Arthur Boka zu den Pfälzer Toren zum 0:1 (durch Lakic) und 2:4 (durch Rivic) - passte im VfB-Spiel nach der Pause wenig zusammen.
Doch auch in der Defensivreihe ging es wie in dieser Saison häufig auch diesmal kunterbunt zu: "Lautern ist einfach, nämlich mit langen Bälle, zum Erfolg gekommen", sagt Labbadia, dessen Abwehr nun 54 Gegentore zugelassen hat - nur Bremen und Gladbach sind da schlechter. Der Schlussmann Sven Ulreich, in der Bundesligastatistik vor Spielbeginn mit 86 Prozent gehaltener Bälle auf Platz eins notiert, konnte in der gesamten Partie nur einen Ball von Erwin "Jimmy" Hoffer abwehren, dem Torschützen per Lupfer zum 2:2.
Labbadia muss seine Wunden lecken
Hinterher lieferte Ulreich eine erstaunliche Analyse ab: "Lautern fehlten die Mittel", glaubte der Schlussmann beobachtet zu haben, "die vier Tore fielen durch glückliche Aktionen von denen - oder durch unglückliche von uns." Dabei hatten die Pfälzer, die gewiss keine Übermannschaft stellen, vor allem im zweiten Durchgang ein deutliches spielerisches Übergewicht.
Das Publikum - und das ist vielleicht die bitterste Erkenntnis der Partie - wendet inzwischen fast teilnahmslos ab. Am Samstag war das Stadion kurz nach Spielschluss leer, Pfiffe gab es kaum. Auch Bruno Labbadia muss erstmal seine Wunden lecken. Seine für Sonntagnachmittag geplante Spielbeobachtung sagte der Trainer ab.
Stuttgart Ulreich - Boulahrouz, Tasci, Niedermeier, Molinaro (67. Boka) - Träsch, Kuzmanovic - Harnik (81. Gebhart), Gentner (73. Cacau), Okazaki - Pogrebnjak.
Kaiserslautern Trapp - Dick, Abel (44. Amedick), Rodnei, Jessen - Petsos (64. Hoffer), Tiffert - Kirch (46. Rivic), Moravek, Hlousek - Lakic.
Schiedsrichter Aytekin (Oberasbach).
Zuschauer 39 000 (ausverkauft).
Tore 0:1 Lakic (17.), 1:1 Kuzmanovic (26./Foulelfmeter), 2:1 Pogrebnjak (39.), 2:2 Hoffer (68.), 2:3 Lakic (79.), 2:4 Rivic (86.).