Der neue VfB-Präsident Bernd Wahler will den Fußball besser vermarkten – auch nach dem Vorbild der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA. VfB-Spiele sollen mehr Showcharakter bekommen. „Ein bissle“ US-Denkweise darf schon sein, findet er.

Donaueschingen - Am zweiten Tag seiner ersten Dienstreise für den VfB Stuttgart braucht Bernd Wahler (55) ganz dringend ein Handtuch. Das ist pragmatisch, weil der erst auf der Mitgliederversammlung am Montag gewählte Präsident von einem Gewitter überrascht wird, als er die morgendliche Übungseinheit der Mannschaft im Trainingslager in Donaueschingen verfolgt. Wahler ist nass. Er muss sich abtrocknen. Dann sagt er: „Mein Gott, was ist noch mal der deutsche Ausdruck für ,Empowerment’?“ Da steht er dann auch mal im übertragenen Sinn im Regen.

 

Aber nicht lange. Das eine wie das andere ist kein Problem. Schließlich findet Wahler schnell ein Handtuch – und das englische Wort bedeutet einfach: das Übertragen von Verantwortung. „Ich bin ein Fan von Empowerment“, sagt Wahler, „das ist meine Philosophie.“ So will er den VfB führen – nicht als alleiniger Bestimmer, sondern mit einem Team, dem er vertraut.

Das Markenbewusstsein stärken

Das bedeutet jedoch nicht, dass er selbst keine Ideen hätte, um den Verein weiterzuentwickeln. Vor allem geht es ihm darum, das Markenbewusstsein zu stärken und den VfB besser zu positionieren als zuletzt. Klappen soll das über die Empowerment-Vision – wobei schon die Sprache zeigt, dass er auch in amerikanischen Dimensionen denkt. Als Adidas-Manager hat er in den USA gearbeitet – und seitdem ist er nicht nur ein Anhänger des Übertragens von Verantwortung. Auch der dortige Basketball hat es ihm angetan. Und besonders die Art und Weise, wie er vermarktet und präsentiert wird. „Davon können wir vielleicht auch etwas lernen“, sagt Wahler.

The American Way of Life – ein Modell für den VfB also? Ganz so wird es zwar nicht kommen, aber Bernd Wahler kann sich vorstellen, einzelne Elemente auf seinen Verein zu übertragen, beispielsweise die positive Denkweise. „Ein bissle mehr geht immer“, sagt er dazu auf Schwäbisch. Das beinhalte, dass man sich nach oben orientieren müsse, wie die Teams in der NBA. „Wenn da ein Club eigentlich auch mit dem sechsten Platz zufrieden wäre, gibt er trotzdem Rang vier als Ziel aus“, sagt Wahler.

Das VfB-Spiel als Show

Ein anderes Thema, das den VfB-Präsidenten beschäftigt, ist das Drumherum bei den Spielen. Die NBA liefert eine Show ab und verpackt jeden Auftritt so, dass daraus ein Spektakel wird. „Wir müssen auch überlegen, ob wir aus unserem Produkt noch mehr machen können“, sagt Wahler. Erlebnisfußball auf dem Platz sozusagen – und ein Erlebnisnachmittag außerhalb davon.

In groben Zügen heißt das, dass das Rahmenprogramm in der Arena vor dem Anpfiff früher beginnt und nach dem Abpfiff später endet als bisher– ähnlich wie in Amerika. „Dann könnten die Leute mehr Zeit mit ihrem Verein verbringen und mehr Spaß haben“, sagt Wahler, der glaubt, „dass es noch ein Steigerungspotenzial gibt, um das Miteinander beim VfB größer und lebendiger zu gestalten.“ Der Nebenaspekt wäre übrigens eine zusätzliche Einnahmequelle, da die Fans dann wohl auch mehr konsumieren, wenn sie länger im Stadion sind.

Aber Bernd Wahler weiß , dass nicht alles, was in der NBA gut ist, auch beim VfB funktionieren würde. Denn der deutsche Spitzenfußball ist weit von einer so einheitlichen Darstellung und einem so klar ersichtlichen Leitbild wie der amerikanische Spitzenbasketball entfernt – was sich auch positiv auf den Sponsorenpool der NBA auswirkt. 22 Unternehmen zahlen vereinsübergreifend in den Topf, in der Bundesliga sind es sieben. „Wir wollen die NBA nicht kopieren, aber wir müssen über alles diskutieren“, sagt Wahler. Das klingt pragmatisch. So geht er die Dinge an – siehe auch die Sache mit dem Handtuch.