Sie haben einst den Aufschwung des BVB unter Jürgen Klopp hautnah miterlebt. Glauben Sie, dass auch beim VfB Stuttgart eine solche Entwicklung möglich ist?
Diese Philosophie mit Pressing und Gegenpressing war in dieser Zeit noch nicht so präsent in der Bundesliga. Das war neu und hat viele Gegner überfordert. Seitdem hat sich der Fußball jedoch revolutioniert. Dazu kamen damals andere positive Umstände. Mario Götze kam aus der Jugend hoch, der BVB konnte Shinji Kagawa für 250 000 Euro aus Japan holen. Dieses Märchen kopieren zu wollen wäre nicht realistisch, aber man kann davon lernen.
Für welchen Fußball stehen Hannes Wolf und der VfB Stuttgart?
Fußball ist ein komplexer Sport, die Drucksituation ist groß, das Tempo hoch. Wir wollen den Spielern helfen, Intuition zu entwickeln. Das ist das eine. In welche Räume wir die Spieler stellen, ist dann wiederum auch davon abhängig, wie sich der Gegner verhält, wo wir Schwachstellen sehen und welche Räume wir bespielen wollen. Dabei möchte ich mir eine große Flexibilität bewahren und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Mannschaft steigern.
Wie nah ist ein so flexibel agierender Trainer an der Überforderung seines Teams?
Ich hatte in keiner Phase das Gefühl, dass wir die Mannschaft taktisch überfordert haben. Lediglich in der ersten Halbzeit gegen Hannover 96 hat es nicht funktioniert – aber selbst da gehen wir mit einem 1:1 in die Pause.
Wie würden Sie Ihre Idealvorstellung vom Fußball beschreiben?
Idealvorstellung? Das ist ganz schwierig. Der FC Bayern unter Guardiola, Borussia Dortmund in der vergangenen Saison, der BVB unter Klopp – das war jeweils toller Fußball. Sich daran zu orientieren, fände ich aber fast schon vermessen. Die Idealvorstellung ist eher, dass wir aus dem, was wir haben, das Bestmögliche machen. Dafür wollen wir noch mehr zusammenwachsen, die bisherigen drei Monate sind in einem so komplexen Sport doch keine Zeit.
Lehrreich war es dennoch, oder?
Natürlich. Trainer beim VfB zu sein ist für mich eine unglaubliche Chance zu wachsen. Das ist ein riesiger Lernprozess – wobei ich hier nicht der Auszubildende bin. Lebenslanges Lernen entspricht meinem Naturell, das erwarte ich aber auch von anderen Menschen.