Keineswegs einsam in Liga zwo: Beim Wimmeln bleibt der VfB Spitze. Stolz vermeldet der Verein 24 000 verkaufte Dauerkarten und 1000 neue Mitglieder. Obendrein haben jetzt die Roten vielen Erstligisten was voraus: ein eigenes Wimmelbuch mit wuseligem Fanleben.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart -

 

Als der Zeichner Stefan Lohr vor einem dreiviertel Jahr damit begann, Geschichten aus der Mercedes-Benz-Arena ohne Worte zu erzählen, nur mit Bildern, ahnte weder er noch sein Auftraggeber, der Kölner Bachem-Verlag, dass der VfB absteigen würde.

Auf den fünf Papp-Doppelseiten, die unter dem Titel „Mein VfB Stuttgart“ neu in den Buchhandlungen sind, in denen es vor Wimmelbüchern nur so wimmelt, scheint die Welt des Stuttgarter Traditionsvereins noch in Ordnung. Als sei es nicht nötig, über den roten Brustring ganz schnell einen Rettungsring zu werfen.

Auch Jürgen Klinsmann steckt in dem Buch

Doch die wahre Fanliebe erweist sich erst in der zweiten Liga. Das Merchandising mit seinen Gewinnen ist gerade jetzt wichtiger denn je. So einfach wie faszinierend ist das Prinzip, das für alle gilt, ob für die Vereine ganz oben oder ob für uns da unten: Auf doppelseitigen Bildern wimmelt es von detailliert gemalten Fußballern, Fans, Fotografen, Journalisten, Funktionären, Schiedsrichter. Die Doppelseiten erzählen bis zu 100 Geschichten. Wenn alle zu den Zweitliga-Spielen kommen, die der Buchillustrator Lohr (er wohnt in Weingarten und hat Kommunikationsdesign in Stuttgart studiert) hineingezeichnet hat, muss es in Kürze aufwärts gehen mit dem VfB.

Schauen Sie genau hin, liebe Leserinnen und Leser, dann können sie Bundestrainer Jogi Löw (beim Interview auf dem Rasen) sowie die früheren VfB-Stars Jürgen Klinsmann (auf dem Rasen) und Guido Buchwald (im Business-Center) entdecken.

Lohr, der zum Fußballfan nur zu EM- und WM-Zeiten wird und Bundesligaspiele nie besucht, bekam vom VfB eine Extra-Führung durch die Mercedes-Benz-Arena, als sie leer war. So hat er die Örtlichkeiten kennen gelernt und sie später in seinem Atelier am Zeichenbrett mit Leben erfüllt.

Als Vorbilder für die Wimmelbilder gelten die Gemälde von Pieter Bruegel der Ältere und Hieronymus Bosch, die im Mittelalter wimmlige Szenen aus Stadt, Land und zu religiösen Themen malten. Der Erfinder der Wimmelbücher im heutigen Stil ist der heute 80-jährige Ali Mitgutsch, der den Spaß begründet hat, überraschende Szenen in seinen mit Menschen und Tieren überfüllten Bildern zu verstecken. Beim VfB-Wimmelbuch ist dies nicht anders.

Jetzt müssen die Spieler wuseln wie d’ Sau

Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Da wird’s einem ganz wimmelig. Die Entdeckungsreise auf Lohrs Bildern ist spannender als „ Pokémon Go“. Der Zeichner hat ein Gespenst mit VfB-Trikot in die Fankurve geschmuggelt. Ein Vogel klaut bei den „Furchtlosen“ und „Treuen“ Maultaschen. Ein Vertreter der Gelbkopfamazonen, die aus subtropischen Gefilden stammen, in Cannstatt die Freiheit lieben und mit ihren spitzen Schreien nicht zu überhören sind, fliegt fröhlich über dem Fußballtrubel. Maskottchen Fritzle ist auf jedem Doppelbild drauf. Besonders schön ist das Schild mit Pfeil, auf dem „ Heimsieg“ steht. Nehmt euch in Acht, liebe VfB-Gegner. Das Schild „Zur Heimniederlage“ gibt’s nicht.

Bisher hat der Kölner Bachem-Verlag nur wenigen Fußballvereinen mit seiner Wimmelei ein lustiges Denkmal gesetzt. Wie die Auswahl erfolgt? Es ist meist eine Sache der Verhandlungen um Lizenzen. Manche Vereine haben wohl finanzielle Vorstellungen, die ein kleiner Buchverlag kaum erfüllen kann. Und deshalb ist ein Zweitligist wie der VfB nun zu Ehren gekommen, auf die Fans von vielen Vereinen der ersten Bundesliga noch lange warten müssen.

Das VfB-Wimmelbuch aus dem Bachem-Verlag kostet 14,95 Euro. Der FC Bayern München ist erst im November dran. Für das Wimmelwerk der Rekordmeister hat sich der Riva-Verlag die Rechte gesichert. Das Bayern-Buch wird 14,99 Euro kosten – vier Cent mehr. Wie gut es tut, wenn in den gezeichneten Welten von erster und zweiter Liga der finanzielle Unterschied so gering ausfällt. Fantasie ist kostbarer als Geld. Auf geht’s, VfB! Wimmeln wir uns in die erste Liga zurück! In dem neuen Buch gelingt’s – hoffentlich ist es kein Märchenbuch. Jetzt müssen halt die Spieler wie d’ Sau wuseln!