Der Tanz auf drei Hochzeiten scheint für Allianz MTV Stuttgart an die Substanz zu gehen. Nach dem Einzug ins Pokal-Halbfinale verloren Stuttgarts Volleyballerinnen in der Liga gegen Vilsbiburg 1:3. Und jetzt geht’s nach Baku.

Stuttgart - Vielleicht ist so eine Dienstfahrt nach Aserbaidschan im Moment genau das Richtige. Montag, langer Reisetag über Istanbul – an diesem Mittwoch tritt Allianz MTV Stuttgart dann in seinem dritten Champions-League-Spiel bei Lokomotiv Baku an (15 Uhr, live auf www.laola.tv). 4000 Reisekilometer, um auf andere Gedanken zu kommen nach der überraschenden Heimniederlage gegen die Roten Raben Vilsbiburg am Samstagabend.

 

Nach dem klaren 3:0-Sieg im Achtelfinale des DVV-Pokals gegen die Niederbayern unterlag Allianz MTV Stuttgart im zweiten Aufeinandertreffen innerhalb von zweieinhalb Wochen überraschend deutlich vor 1650 Zuschauern in der Scharrena mit 1:3 (20:25, 20:25, 25:19, 22:25). „Wir waren immer einen Schritt hinterher“, fasste die Zuspielerin Valerie Nichol das Geschehen zusammen, und die Angreiferin Kaja Grobelna, die 15 Punkte beisteuerte und zur wertvollsten Stuttgarter Spielerin gekürt wurde, blickte auf die MVP-Medaille und zuckte mit den Schultern. „Die bedeutet mir nichts, weil wir verloren haben“, sagte die Belgierin enttäuscht. „Uns hat die richtige Aggressivität gefehlt.“ In den ersten beiden Sätzen mühte sich das Team des Trainers Guillermo Naranjo Hernández jeweils einem Rückstand hinterher, der dann in den jeweiligen Schlussphasen uneinholbar wurde.

VfB-Fans in der Scharrena

Im dritten Satz, als Jelena Wlk die Annahme verstärkte, lief es ein wenig besser. Die schon oft gezeigten kämpferischen Qualitäten des Stuttgarter Teams loderten auf und es roch nach Tiebreak in der Scharrena, die von rund 20 VfB-Fans lautstark mit Fußballgesängen unterhalten wurde.

Doch es sollte beim einzig gewonnenen dritten Satz bleiben. „Gratulation an Vilsbiburg, sie waren perfekt auf uns eingestellt und haben nahezu fehlerfrei gespielt“, sagte Stuttgarts Kapitän Kim Renkema. Vor allem Roslandy Acosta, die Hauptangreiferin der Raben, war kaum zu halten. Jeder Schuss ein Treffer: die 1,90 Meter große Spielerin aus Venezuela steuerte 19 Punkte zum Auswärtserfolg von Vilsbiburg bei. Die Gäste wirkten insgesamt frischer, siegeshungriger und agiler – vielleicht auch, weil Vilsbiburg vergangenen Mittwoch spielfrei hatte, dem Vizemeister aus Stuttgart allerdings die fünf Sätze lange Nervenschlacht gegen den Schweriner SC noch in den Knochen hatte, was den Einzug ins Pokalhalbfinale ermöglichte.

20 Sätze innerhalb von sieben Tagen

„Wir haben gerade zwanzig Sätze innerhalb von sieben Tagen gespielt“, rechnete Stuttgarts Trainer Guillermo Naranjo Hernandez vor. „Und dennoch haben wir uns im dritten Satz wieder ins Spiel gekämpft.“ Doch die Aufschlagfehler und vor allem die mangelnde Annahme machten den Sprung in den Tiebreak im vierten Satz unmöglich. „Da hat Vilsbiburg nicht das Spiel gewonnen, sondern wir haben es mit unserer hohen Fehlerquote verloren.“ Der Tanz auf drei Hochzeiten (Bundesliga, Pokal, Champions League) fordert seinen Tribut. „Wir waren müde. Nicht körperlich, aber offensichtlich mental“, sagte Hernandez, der auf der Suche nach der bestmöglich funktionierenden Formationen seinen kompletten Kader einwechselte. „Am Mittwoch gegen Schwerin haben wir die passende Formation noch gefunden, gegen Vilsbiburg allerdings nicht.“

Lange Gesichter also bei Stuttgarts Volleyballfrauen. Da kommt der Trip nach Aserbaidschan gerade recht. In der Champions League steht der Vizemeister beileibe nicht unter Erfolgsdruck und kann befreit aufspielen.