Vorfall in Schorndorf kommt zur Anklage Abendliche Schießerei in ruhigem Wohngebiet

Bei der Polizei gehören Maschinenpistolen zum Beruf. Weil ein 21-jähriges mutmaßliches Bandenmitglied auch eine nutzte, ist nun das Landgericht gefordert. Foto: dpa/Matthias Balk

Seit 2022 machen zwei gewaltbereite Gruppierungen immer wieder Schlagzeilen. Nach einer Auseinandersetzung in Schorndorf muss sich jetzt ein 21-Jähriger wegen versuchten Totschlags verantworten. Das ist nicht der einzige Anklagepunkt.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind besonders streng: Wer in den Sitzungssaal will, wird nicht nur zweimal abgetastet, auch der Inhalt von Hosentaschen und Gürtel müssen im Vorraum abgegeben werden. Am Landgericht Stuttgart wird seit Freitag ein weiterer Mosaikstein in dem seit 2022 andauernden Streit rivalisierender Banden beleuchtet, bei dem immer wieder Schusswaffen zum Einsatz kommen.

 

Auf der Anklagebank sitzt ein junger Mann mit schwarzen Locken und weißem Hoodie. Er spricht leise und stockt immer wieder, wenn er aus seinem Leben erzählen soll. So stellt man sich wohl kein Mitglied einer schießwütigen Bande vor. Doch davon geht die Staatsanwaltschaft aus: Nach ihren Ermittlungen gehört der 21-Jährige zu einer gewaltbereiten Gruppierung aus dem Raum Göppingen, Zuffenhausen und Schorndorf, die sich seit 2022 mit einer Gruppierung aus dem Raum Esslingen bekämpft, wobei regelmäßig Schusswaffen zum Einsatz kommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 21-Jährigen versuchten Totschlag vor. Laut Anklage war der junge Mann am 23. Oktober des vergangenen Jahres gegen 21.40 Uhr mit einem Mercedes S 500 in der Liebermannstraße in Schorndorf-Weiler unterwegs gewesen, im Auto habe er eine Maschinenpistole tschechischer Herkunft bei sich gehabt. Auf Höhe der Hausnummern 37 bis 47 soll er auf eine unbekannte Person in einem schwarzen Hyundai getroffen sein, die ebenfalls eine Pistole bei sich trug.

Schüsse aus dem Auto heraus

Aus etwa 20 Metern Entfernung hat dann, so die Ermittlungen, zunächst der Unbekannte mehrere Schüsse abgegeben. Einer davon traf die Motorhaube des Mercedes, ein weiterer den Außenspiegel. Der Angeklagte sei in Deckung gegangen und habe dann, als keine weiteren Schüsse folgten, seinerseits den Arm aus dem Fahrerfenster gehalten und elf Schüsse aus der Maschinenpistole abgefeuert. Dabei habe er, so die Anklage, billigend in Kauf genommen, dass der Unbekannte tödlich verletzt wird. Insgesamt seien 15 Schüsse in dem Wohngebiet im Teilort Weiler abgefeuert worden: Zwei Projektile schlugen in Autos ein, eines in ein Verkehrsschild, mehrere in Bäume, eines durchschlug ein Fenster in einem ersten Stock, und eines steckte in einer Dachverkleidung.

Als die Polizei die Wohnung des 21-Jährigen am nächsten Morgen durchsuchte, entdeckte sie auch ein Butterflymesser. Neben versuchten Totschlags ist der junge Mann wegen eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und wegen des Besitzes einer unerlaubten Waffe angeklagt.

Zwei Polizeibeamte erklärten im Zeugenstand, der 21-Jährige sei etwa eine halbe Stunde nach den Schüssen beim Polizeirevier Schorndorf aufgetaucht und habe berichtet, dass auf ihn geschossen worden sei. Er sei auf dem Heimweg von Schwäbisch Gmünd nach Uhingen gewesen, sein Navi habe ihn über Schorndorf-Weiler geleitet. Dort habe ein Fahrzeug vor ihm abrupt gebremst, drei Personen seien ausgestiegen und hätten vier bis fünf Schüsse auf ihn abgegeben. Mithilfe des Navi sei er zum nächstgelegenen Polizeirevier gefahren.

Einer der Beamten führte aus, da ihnen die Streckenführung über Weiler merkwürdig vorgekommen sei, und da die Ermittlungen am Tatort andere Schlüsse nahegelegt hätten, sei der 21-Jährige im Laufe der Nacht festgenommen worden. Das Leben des Angeklagten war laut dessen Angaben von wenigen Erfolgserlebnissen geprägt.

Neun Verhandlungstage stehen an

Er sei mit zwei älteren und einem jüngeren Bruder aufgewachsen, habe wenig Lust auf Schule gehabt und den Hauptschulabschluss gerade so mit 4,0 bestanden, erzählte der 21-Jährige am Landgericht. Er habe mehrere Praktika im Einzelhandel und in der Gastronomie gemacht, ebenso auf Minijob-Basis bei einer Security-Firma und zuletzt wenige Wochen über eine Leihfirma bei der Deutschen Post gearbeitet.

Für den Prozess sind neun weitere Verhandlungstage vorgesehen, das Urteil soll am 19. Juni verkündet werden.

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