Der CDU-Kreisverband hat eine Krisensitzung einberaumt. Doch Kritik an den Äußerungen von Stefan Mappus gab es nur hinter vorgehaltener Hand.

Stuttgart - Nur ja kein Öl ins Feuer schütten, nur ja keine Widerworte geben – die Augen zu, die Reihen fest geschlossen. Der von Stefan Mappus am Mittwoch so heftig gescholtene Kreisverband der Stuttgarter CDU ist am Donnerstag erst einmal in Deckung gegangen und abgetaucht. Knapp drei Wochen vor der Landtagswahl hatte niemand in der Kreispartei mit einem solchen Rundumschlag ihres Landesvorsitzenden gerechnet. Intern rätseln die Stuttgarter Wahlkampfstrategen darüber, was denn den Ministerpräsidenten da geritten haben mag. Wo doch die politische Ausgangslage für die Christdemokraten in der Landeshauptstadt ohnehin schon schwierig genug ist.

 

Immerhin hat Michael Föll, der Kreisvorsitzende und Stadtkämmerer, Donnerstag nicht nur öffentlich geschwiegen, sondern auch intern gehandelt: Auf 12.30Uhr rief er den geschäftsführenden Kreisvorstand und die vier Kandidaten Andrea Krueger, Christine Arlt-Palmer, Thomas Bopp und Reinhard Löffler zur Krisensitzung in der CDU-Geschäftsstelle am Rotebühlplatz zusammen. Zuvor hatte Föll erklärt, dass „ich heute nichts Neues erkläre über das hinaus, was ich gestern erklärt habe“. Bei ihm sitzt der Frust tief. Auch die vier Kandidaten, die mitten im Wahlkampf stehen, äußerten sich nicht zu den Attacken des Ministerpräsidenten. Reinhard Löffler, der im politisch eher linken Stuttgarter Norden schwer um Stimmen zu kämpfen hat, gab lediglich zu Protokoll, „dass ich nichts sage“.

Nur Susanne Eisenmann, die CDU-Bürgermeisterin für Kultur, Schule und Bildung, war bereit, aus ihrem Herzen keine Mördergrube zu machen: „Der Zeitpunkt, zu dem der Ministerpräsident seine Kritik äußert, ist schwierig. Für unsere Kandidaten wird es nicht einfacher. Die Partei steht im Wahlkampf und tut alles, um ein sehr gutes Ergebnis zu erzielen.“ Sie selbst könne „nur hoffen, dass wir rasch zur Geschlossenheit zurückfinden.“ Susanne Eisenmanns Name ist übrigens mit im Spiel, wenn es um die Frage geht, wen die Christdemokraten im Herbst 2012 in die OB-Wahl um die Nachfolge von Wolfgang Schuster schicken; auch in der Kreis-CDU geht man seit geraumer Zeit davon aus, dass der Amtsinhaber nicht mehr antritt. Aber einen fairen Abgang, so heißt es, habe er verdient.

Einige sprechen Klartext

Hinter vorgehaltener Hand sprechen einige am Nachmittag denn doch Klartext, mucken auf gegen das Diktat ihres Parteivorsitzenden Stefan Mappus. Stichwort Stuttgart21. „Wenn der Ministerpräsident dem Oberbürgermeister die Schuld dafür in die Schuhe schiebt, dass dieses Projekt die Stadt spaltet und auf den Straßen keine Ruhe einkehrt, dann ist das ungerecht,“ sagt einer. Schließlich sei doch Stefan Mappus als einstiger Staatssekretär im Verkehrsministerium und als CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag politisch mitverantwortlich gewesen. Alle Beteiligten hätten in diesen Jahren die Fehler gemacht, die letztlich zur Konfrontation auf der Straße geführt hätten. Von Heiner Geißlers Schlichtungsverfahren halte Stefan Mappus „offenkundig nicht sehr viel“.

Einiges deutet an diesem Nachmittag darauf hin, dass den CDU-Landesvorsitzenden nicht nur das schlechte Abschneiden seiner Stuttgarter Parteifreunde bei der Kommunalwahl 2009 noch immer gewaltig fuchst, sondern dass ihm ein parteiinternes Detail mächtig gegen den Strich geht – die Frage nämlich, auf welchem Weg die CDU in einem Jahr, wenn Wolfgang Schuster seinen Verzicht erklärt hat, die Suche und die Inthronisierung eines geeigneten Kandidaten bewerkstelligen soll. Stichwort Mitgliederbefragung. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung hatte Michael Föll, der Kreisvorsitzende, diese Variante vor wenigen Tagen als die richtige und angemessene vorgeschlagen. Schließlich, so sein Argument, habe die CDU mit diesem Instrument gute Erfahrungen gemacht – siehe seinerzeit das Votum zwischen Günther Oettinger und Annette Schavan als Kandidaten um die Nachfolge von Erwin Teufel als Ministerpräsident.

Doch Stefan Mappus möchte nach eigenem Bekunden mitreden, womöglich kraftvoll mitentscheiden, wen seine Partei in das schwierige Rennen um das prestigeträchtige Amt des Oberbürgermeisters in der Landeshauptstadt schickt. Einige Auguren in der Kreispartei drohen bereits, wenn auch aus sicherer, weil anonymer Deckung: „Unser Landesvorsitzender hat ein Mitspracherecht, kein Zweifel, das war schließlich immer so. Aber die letztendliche Entscheidung, wer kandidieren soll, die trifft die Stuttgarter CDU – und sonst niemand.“