Mit mehr als 100 Toten war der Anschlag von Ankara im vergangenen Oktober das blutigste Attentat in der Geschichte des Landes. Hätte es verhindert werden können, wenn die Sicherheitsbehörden Ihre Aufgaben richtig erfüllt hätten?

Ankara - Es war der bisher schwerste Terroranschlag in der Geschichte der Türkei: Am 10. Oktober vergangenen Jahres sprengten sich zwei Selbstmordattentäter inmitten einer Friedenskundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz von Ankara in die Luft. Die blutige Bilanz: 102 Tote, mehr als 200 Verletzte. Bei den Asich um türkische Mitglieder der IS-Terrottentätern soll es rmiliz gehandelt haben. Jetzt verdichten sich Vorwürfe, wonach die türkischen Sicherheitsbehörden Hinweise auf das Attentat hatten, diese aber ignorierten.

 

Was hat die Polizei gewußt?

Die oppositionsnahe Zeitung „Cumhuriyet“ berichtete am Mittwoch, Geheimdienst und Polizei hätten von den Anschlagsplänen gewusst. Einer der beiden Attentäter sei sogar namentlich bekannt gewesen. Die Hinweise seien aber ignoriert worden, schreibt „Cumhuriyet“ unter Berufung auf einen internen Untersuchungsbericht. Der Gouverneur von Ankara, der direkt dem türkischen Innenministerium unterstellt ist, habe es abgelehnt, Ermittlungen wegen der angeblichen Versäumnisse einzuleiten. Bereits wenige Tage nach dem Anschlag gab es Hinweise auf mögliche Unterlassungen. Der Polizeichef von Ankara und zwei weitere ranghohe Polizeibeamte wurden suspendiert – um eine „umfassende Untersuchung“ des Anschlags zu ermöglichen, wie es hieß.

Versäumnisse der Regierung angeprangert

Die Anwaltskammer von Ankara stellte außerdem Strafanzeige gegen Innenminister Selami Altinok wegen mutmaßlicher Dienstvergehen im Zusammenhang mit dem Anschlag. Das Verfahren verlief aber bisher im Sande. Einer der Selbstmordattentäter von Ankara wurde als Yunus Emre Alagöz identifiziert. Es handelte sich um einen Bruder von Abdurrahman Alagöz, der sich drei Monate zuvor bei einem Kurdenfestival in der südosttürkischen Stadt Suruc in die Luft gesprengt und 34 Menschen mit in den Tod gerissen hatte. Die beiden jungen Männer sollen sich 2014 dem IS angeschlossen haben und nach Syrien gereist sein. Ihre Eltern hatten die Sicherheitsbehörden darüber informiert.

Ein ranghoher ehemaliger Offizier des türkischen Geheimdienstes, Cevat Önes, sprach bereits Ende Oktober 2015 von „ernsten Versäumnissen“ der Regierung. Man hätte die Verdächtigen ständig beobachten müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen, kritisierte Önes. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu erklärte seinerzeit, man habe zwar eine Liste potenzieller Selbstmordattentäter, hätte die Verdächtigen aber nicht festnehmen können. Es sei in einem Rechtsstaat nicht möglich, Menschen aufgrund eines bloßen Verdachts in Haft zu nehmen. Diese Äußerung löste heftige Kritik aus, zumal die Justiz bei der Festnahme von Regierungskritikern offenbar sehr viel strengere Maßstäbe anlegt. Das zeigte sich erneut am Mittwoch: Im südostanatolischen Sanliurfa nahm die Polizei sechs Verdächtige wegen „Präsidentenbeleidigung“ fest.