Volkswagen bleibt in Amerika ein Nischenanbieter. Das ist ein Armutszeugnis. Nun soll eine Offensive bei den Geländewagen die Wende bringen, doch diese Entscheidung kommt zu spät, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - VW-Chef Martin Winterkorn verkündete auf der Autoshow in Detroit stolz eine Erfolgsmeldung: Erstmals hat der Wolfsburger Konzern weltweit mehr als zehn Millionen Fahrzeuge verkauft. Dennoch gibt es keinen Grund zum Jubeln, weil die Kernmarke VW gerade auf dem wichtigen US-Markt einfach nicht in die Gänge kommt. Der Absatz dieser absatzstärksten Marke der Wolfsburger ist in diesem florierenden Markt erneut eingebrochen, während die Töchter Audi und Porsche sowie der große Rivale Toyota kräftig beschleunigt haben.

 

Die in Deutschland unangefochtene Nummer eins bleibt in Amerika ein Nischenanbieter und liegt dort noch hinter dem Allradspezialisten Subaru. Das ist ein Armutszeugnis. VW ist damit weiter viel zu stark von China abhängig. Um unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen zu werden, müsste die wichtigste Marke des größten europäischen Autokonzerns eine Balance zwischen den wichtigsten Märkten der Welt schaffen.

Nun soll eine Offensive bei den Geländewagen die Wende bringen. Doch diese Entscheidungen kommen viel zu spät. Viel zu lange hat das Management darüber gegrübelt, wo welches Auto produziert werden soll. Diese Hängepartie hat dazu beigetragen, dass das neue US-Werk nur unzureichend ausgelastet ist. Damit dürfte sich die ohnehin enttäuschende Ertragslage der Marke VW noch verschlechtert haben. Zudem entspricht auch die Ausstattung der Wagen oft nicht den Wünschen der amerikanischen Autokäufer.

Die Defizite könnten damit zusammenhängen, dass bisher noch zu vieles in dem Weltkonzern fern von den Kunden in der Wolfsburger Zentrale entschieden wird. Zudem war Vorstandschef Winterkorn womöglich damit überfordert, sowohl den Konzern als auch die Marke VW zu steuern. Dafür spricht eine kürzlich verkündete Personalie: Der bisherige BMW-Entwicklungschef Herbert Diess soll Winterkorn entlasten und ab Oktober die Führung der Marke VW übernehmen.