Am Beispiel des Volkswagen-Werks im Süden von Lissabon zeigen sich viele Stärken und Schwächen der Industrie in Portugal. Den Standort Palmela sehen die Portugiesen als großen Hoffnungsträger.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Lissabon - Wer in Wolfsburg den Parkplatz von Volkswagen in Augenschein nimmt, sieht zu fast 100 Prozent Autos mit VW-Emblem. Nichts davon in Palmela: die meisten Mitarbeiter des Werks Autoeuropa können sich die Neuwagen nicht leisten. Auch nicht Manuel Martines, der 56-jährige Arbeitnehmervertreter, obwohl er seit 21 Jahren hier arbeitet. Sein Betriebsratskollege Fernando Sequeira (52) besitzt immerhin einen alten Sharan. Auf dem portugiesischen Markt hat VW jedoch keinen Heimvorteil. Folglich gehen 99,4 Prozent der drei in Palmela gefertigten Fahrzeuge Eos, Scirocco und Sharan in den Export.

 

Dennoch hat Autoeuropa eine überragende Bedeutung für die Politiker und die Wirtschaft des Landes: Er sei überrascht gewesen von der öffentlichen Aufmerksamkeit für das Werk, schildert der Manager Steffen Schudt-Pialat. Vor fünf Monaten kam er aus Zwickau, wo die Produktionsstätte dreimal so groß ist. Von der werde dort weniger Notiz genommen. „Hier ist VW ein Leuchtturm.“ Deshalb trage das Unternehmen gegenüber der Regierung und dem Land eine „enorme Verantwortung“. „Der wollen wir gerecht werden“, versichert der 38-jährige Finanzverantwortliche.

Die Jobs sind sicher – und das will etwas heißen

Den Worten der Betriebsräte zufolge scheint dies intern zu funktionieren. Autoeuropa sei ein Vorbild in puncto Sozialverantwortung und Respekt gegenüber der Belegschaft, urteilt Martines. Es gebe einen guten Ausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern. „Unsere Jobs sind sicher“, stellt er fest. Das will etwas heißen im Krisenland – zumal 2012 lediglich 112 550 Autos gefertigt wurden, nach 133 100 im Jahr davor. Ende 2013 werden es sogar weniger als 100 000 sein. Derzeit ist das Werk zu zwei Dritteln ausgelastet – die Vorgabe des Konzerns liegt bei 90 Prozent. Dennoch herrscht keine Katastrophenstimmung, denn man weiß sich zu helfen, um die insgesamt 3580 Stellen zu erhalten. Der Haustarif gestattet viel Flexibilität: Je nach Anzahl der sogenannten Schließtage im Jahr kann das 15. Monatsgehalt wegfallen. „Das ist keine Lohnkürzung im eigentlichen Sinne, sondern garantiert vielmehr die Arbeitsplätze“, argumentiert Martines.