Der Wahl-Ludwigsburger Stephan Lindner war Manager bei einer Supermarktkette – bis er gekündigt wurde. Jetzt gibt er Tipps für alle, denen Entlassung droht.
Ludwigsburg - Daimler will laut jüngsten Meldungen weltweit bis zu 15 000 Stellen und Bosch allein in Deutschland mehr als 2000 Stellen streichen. Meldungen wie diese haben die Wirtschaft schon vor der Corona-Krise verunsichert. Was aber geht in denen vor, die das unmittelbar angeht? „Bei den Mitarbeitern rotiert dann nur noch das eine im Kopf: Bin ich dabei?“ sagt Stephan Lindner. Der 53-jährige Ex-Manager hat diese Erfahrung selbst machen müssen. Er rät deshalb Betroffenen, möglichst schnell aus der Opferhaltung herauszukommen. Wie das gehen könnte, zeigt er in einem Ratgeber, den er mit einem Leidensgenossen verfasst hat.
Auf den ersten Blick erscheine es sicher unzeitgemäß, Tipps für den Umgang mit einer belastenden Ausnahmesituation zwischen zwei Buchdeckel zu pressen, meint der Wahlludwigsburger selbstkritisch. Auch er habe damals, als über ihm das Damoklesschwert einer Freistellung schwebte, Informationen im Internet gesucht. „Da findet man tatsächlich vieles“, sagt Lindner. Was er aber vermisst habe, seien strategische Tipps gewesen und eine Art psychologischen Beistand.
„Die Ungewissheit ist am schlimmsten“
Die meisten Menschen seien erst einmal gelähmt, wenn ihnen der Arbeitsplatzverlust drohe – ausgerechnet dann aber müssten sie rasch handeln. Darum kamen Lindner und sein Co-Autor Lutz-Ulrich Haack, der vor allem die monetären Aspekte im Fall einer Entlassung abhandelt, zu dem Schluss: Um übersichtlich und schnell möglichst viele Facetten abzubilden, sei ein Buch genau das Richtige.
Das Werk trägt den Titel „Freistellung – ein Ratgeber und Mutmacher“ und orientiert sich an den Phasen, die Betroffene durchlaufen: Auf das Kapitel „Es liegt etwas in der Luft“ folgen „Tag X – es ist (r)aus“ und „Freigestellt – und jetzt?“. Die Ungewissheit sei am schlimmsten, meint Lindner und vergleicht die Krise bei drohender Entlassung mit einer Zeit der Trauer: „Es geht auch hier darum, wieder aus einem Tal herauszukommen.“
Selbstbild muss korrigiert werden
Er selbst musste dieses Tal im Jahr 2017 durchwandern. Damals hatte die Geschäftsführung einer großen Supermarktkette, für die er 20 Jahre im Management tätig war, mitgeteilt, dass es für ihn nur an einer anderen Stelle im Konzern eine Zukunft gebe. Lindner fühlte sich abgeschoben. Nach einem längeren „Findungsprozess“, wie er das heute nennt, beschließt er, zu gehen und sich als Coach und Mentor selbstständig zu machen. Eine Voraussetzung dafür: Sein Arbeitgeber stellte ihn „zu fairen Bedingungen“ frei.
„Man muss sich neu finden“, sagt Lindner. Denn tatsächlich gehe es um weit mehr als nur um eine neue Arbeit und ein sicheres Einkommen. Das Selbstbild müsse korrigiert werden. Für viele erscheine allein die Aussicht, dass sie sich möglicherweise finanziell verschlechterten, als unüberbrückbare Hürde. Und in machen Fällen mache genau diese Angst die Betroffenen handlungsunfähig.
Checklisten für mehr Klarheit
Genau dieser Zustand aber müsse überwunden werden. Betroffene müssten das Heft des Handelns in die Hand nehmen, um sozial, aber auch psychisch heil aus dieser Krise herauszukommen. Um das im Raum stehende Schreckgespenst wenigstens schrumpfen zu lassen, bietet der Ratgeber zur Freistellung jede Menge Checklisten. Das reicht von einer exakten Berechnung der Lebenshaltungskosten bis zu einer ausgeklügelten Methode zur Selbsteinschätzung. Wo die eigene Erfahrung nicht ausreicht, lassen Lindner und Haack Experten zu Wort kommen, etwa eine Fachärztin für Psychiatrie oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.