Bei den Präsidentenwahlen in der Ukraine führt ein Komiker. Der Wunsch nach Veränderung ist so groß, dass sich die Ukrainer fürs Risiko entschieden haben, kommentiert Inna Hartwich.
Kiew - In der Ukraine veräppelt die Unterhaltungsbranche nicht mehr die Politik, vielmehr funktioniert die Politik nun endgültig wie die Unterhaltungsbranche. Wladimir Selenski hat die politische Elite seines Landes drei Monate lang vor sich hergetrieben. Er hat sich dem gängigen politischen Weg völlig entzogen. Einen Wahlkampf führte er mit Sketchen auf der Bühne, Debatten stellte er sich nicht. Nun ist es kein Witz mehr: Der nicht allzu überraschende Einzug Selenskis in die Stichwahl ist ein knallhartes Abstrafen der politischen Elite in der Ukraine. Er zeigt, dass die Mehrheit der Ukrainer offenbar keine Politiker in der Politik wünschen. Sie wollen einen, der so ist, wie die Fernsehfigur, die Selenski gibt: einen Präsidenten aus dem Volk, der etwas ungelenk und naiv, aber ehrlich und sympathisch mit einem System aus Vetternwirtschaft aufräumt.
Versprechungen und Gelächter
Es ist kein neues Phänomen im postsowjetischen Raum, auch in der Ukraine nicht: Bei nahezu jeder Wahl wird eine Art Messias gesucht, der den Weg in eine helle Zukunft weise. Selenski greift gar die Wörter „Helligkeit“ und „Licht“ auf, wenn er von Veränderungen in seinem Land spricht. Die Menschen glauben ihm, weil er es ihnen so einfach macht. Mit Versprechungen, mit viel Gelächter. Der Wunsch nach Veränderung ist so groß, dass sich die Ukrainer fürs Risiko entschieden haben.