Die CDU gewinnt souverän, die FDP-Basis träumt von einem radikalen Neuanfang. Eberhard Gienger ist klarer Sieger im Wahlkreis Neckar-Zaber.

Wahlkreis Neckar-Zaber – Es ist, als wolle die Sonne das Wahlergebnis nicht wahrhaben: Um Punkt 18 Uhr schickt sie ihre letzten Strahlen durch das Fenster auf die weiße Leinwand – und von den ersten TV-Hochrechnungen ist rein gar nichts zu sehen. Doch die Anspannung bei der CDU-Wahlparty von Eberhard Gienger, dem Bundestagskandidaten im Wahlkreis Neckar-Zaber, ist ohnehin nicht groß: Es ist allen klar, dass „der Eberhard“ das Rennen macht.

 

Die mehr als 42 Prozent für ihre Partei, von denen die Christdemokraten im Talheimer Carnevalsvereins-Heim zunächst nur akustisch erfahren, lösen dennoch kurz Jubel aus – der angesichts des miserablen Ergebnisses der FDP aber schnell wieder abebbt. „Einen Teilerfolg haben wir ja schon mal“, kommentiert Eberhard Gienger. Damit sei er zufrieden.

Feierlaune will dennoch nicht so recht aufkommen. „Noch haben wir nicht gewonnen“, betont Christian Cortot, der Vorsitzende der Jungen Union im Bottwartal. Auf sein persönliches Ergebnis im Wahlkreis muss Gienger lange warten. Doch das Warten lohnt sich: Der 62-Jährige, der seit 2002 im Bundestag sitzt, holt ganze 53 Prozent der Stimmen. Das kommt selbst für den erfolgsverwöhnten Gienger überraschend: „Ich kann das fast nicht glauben.“

FDP ist am Boden zerstört

Seine Parteifreunde seien am Boden zerstört, sagt Christian Meyer (FDP), „aber ich sehe das ein bisschen anders. Dieses Wahlergebnis ist ein Weckruf.“ Er sieht darin „unsere letzte Chance für einen radikalen Umbau“. Ohne die Alternative für Deutschland (AfD) wären die Liberalen über die Fünfprozenthürde gekommen, meint Meyer. Und er fühlt sich in seiner Politik bestätigt:. „Die AfD hat urliberale Themen besetzt, und ich wurde dafür bekämpft, dass ich diese Themen besetzt habe.“ Eine Partei, die panisch reagiere, werde abgestraft, sagt Meyer. Den Liberalen fehle eine charismatische Führungspersönlichkeit: „Ich mag Philipp Rösler, aber er ist niemand, der mitreißt.“

Bei den Grünen wird das Wahlergebnis ebenfalls als Ansporn gesehen. „Das ist ein kleiner Denkzettel und nicht erfreulich“, sagt der Kandidat der Partei im Wahlkreis Neckar-Zaber, Andreas Roll. Die Wahlkampfthemen Energiewende und Steuererhöhungen hätten im Wahlkampf nicht überzeugt. Trotzdem könnten die Grünen gerade von ihren Forderungen nach höheren Steuern profitieren, weil die CDU als Regierungspartei ohne solche nicht auskäme. Deshalb sei er sicher, dass die Grünen in der Nachschau der Wahl Glaubwürdigkeit gewinnen würden.

Linkes Spektrum sieht Trend nach rechts

Thorsten Majer hält das SPD-Ergebnis trotz der Zugewinne für enttäuschend. „Das war bei Weitem nicht so, wie wir es erwartet haben.“ Die von der FDP abgewanderten Stimmen seien allesamt der AfD oder der Union zugutegekommen. „Das einzig Positive an dieser Wahl ist, dass die FDP raus ist.“ In einer Großen Koalition sieht er keine Alternative – „nicht nach diesem Ergebnis“. Unter diesen Bedingungen wäre ihm eine alleinregierende CDU lieber: „Dann kann Frau Merkel mal ihre Suppe selbst auslöffeln und wirklich die Verantwortung übernehmen.“ Das Ergebnis zeige eine Trendwende für das linke Spektrum an: „Weder Grüne noch Linke oder SPD können eine Mehrheit erringen.“

Auch Walter Kubach, der Kandidat der Linken, sieht darin „das eigentlich Erschreckende. Das ist ein klarer Rechtsruck.“ Darüber verblasse sogar die Freude über das Ausscheiden der Liberalen aus dem Bundestag, meint Kubach. „Wir haben gut gekämpft, aber es war klar, dass wir nach dem Hype von 2009 ein so tolles Ergebnis nicht mehr schaffen konnten.“ Trotzdem hatte er den Prognosen der letzten Wochen Glauben geschenkt und auf ein zweistelliges Ergebnis für die Linke gehofft. „Aber wir sind nach wie vor eine verlässliche Kraft, und wir haben die anderen Parteien dazu veranlasst, das Thema soziale Gerechtigkeit wieder aufzunehmen.“