Ist Martin Armstrong ein Genie? Oder ist er ein Anlagebetrüger? der Mann hat schon Weltwirtschaftskrisen vorhergesagt. Und er saß schon im Gefängnis. Der Dokumentarfilmer Marcus Vetter porträtiert ihn in „The Forecaster“ ziemlich vorteilhaft.

Stuttgart - Finanzass oder Betrüger? Die Ansichten über den Wirtschaftsanalysten Martin Armstrong gehen auseinander. Immerhin verbrachte der freundliche, kultivierte Herr zwölf Jahre im Gefängnis.

 

Der Grimme-Preisträger Marcus Vetter („Das Herz von Jenin“) will in seiner Doku „The Forecaster“ den Fall neu bewerten, erzählt die Geschichte jedoch als tendenziösen Verschwörungsthriller. Obwohl ihn die Haftzeit sichtlich mitgenommen hat, brennt Armstrong noch immer für sein Spezialgebiet, das ihm laut eigener Aussage zum Verhängnis wurde: die exakte Vorhersage von Börsencrashs.

Dem Charisma erlegen

Ausgehend von Daten der Weltpolitik und der Zahl Pi entwickelte der Selfmademann Anfang der Achtziger ein Computerprogramm, das in Fachkreisen bis heute Anerkennung genießt. Mit Hilfe seiner Methode sah Armstrong ökonomische Desaster wie den Nikkei-Crash 1989 oder die Russlandkrise 1998 voraus. 1999 wurde er angeklagt, Anleger durch ein Schneeballsystem um astronomische Summen gebracht zu haben. Armstrong beteuert bis heute, unschuldig und ohne fairen Prozess inhaftiert worden zu sein.

Vetter bietet Armstrong, dessen Familie und Anhängern ein Forum, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. Dabei erliegt der Regisseur selbst dem Charisma seines Protagonisten und stellt dessen Opferperspektive nicht in Frage. Armstrong glänzt in der Rolle des Aufklärers, der politische Verstrickungen innerhalb der Finanzmärkte für jedermann transparent darstellen kann. Interviews und Aufnahmen, die ihn als Redner bei Konferenzen zeigen, geben einen faszinierenden, jedoch undifferenzierten Einblick in dessen Gedankenwelt. Ob Armstrong wirklich das Prädikat eines zu Unrecht kriminalisierten Genies zusteht, bleibt letztlich ein Rätsel.

The Forecaster. Deutschland 2015. Dokumentarfilm. Regie: Marcus Vetter. 97 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.