Nicht nur in der Region Stuttgart warnen Katastrophen-Warnapps vor einem „Eintreten von Trümmerteilen in die Erdatmosphäre“. Wir haben uns erkundigt, ob und wann mit Leuchterscheinungen zu rechnen ist.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Die Meldungen der Warnapps Nina und Katwarn lesen sich dramatisch: Vom „Eintreten von Trümmerteilen in die Erdatmosphäre“ ist dort zu lesen, von einem „größeren Weltraumobjekt“. Auch in der Region Stuttgart lösten die Apps aus. „Helm nicht vergessen“, rät ein Mann aus Alfdorf auf Facebook scherzhaft. „Einfach im Mostkeller verstecken“, schreibt ein anderer. Hinter den Warnungen steckt eine Abfallentsorgung im Weltraum: Die Internationale Raumstation ISS hat vor drei Jahren eine Palette mit alten Batterien im Weltraum entsorgt, die seit nun drei Jahren um die Erde kreist. Seitdem kommt der Weltraumschrott mit einem Gewicht von 2,6 Tonnen der irdischen Atmosphäre immer näher – und es ist zu erwarten, dass er am heutigen Freitag dort ankommt.

 

Am Abend überfliegt der Weltraumschrott Süddeutschland

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat eine Karte veröffentlicht, auf der drei Routen verzeichnet sind, auf denen der Weltraumschrott Deutschland überfliegen wird. Bereits um 16.51 Uhr überfliegt er Deutschland in einer Linie von Koblenz nach Dresden, gegen 18.22 Uhr in einer weiteren von Dortmund bis über Dresden. Der Region Stuttgart am nächsten kommt der Batteriepack gegen 19.54 Uhr, dann führt die Überflugbahn von Freiburg über Konstanz. Sehr genau ist die Vorhersage allerdings nicht, da viele Faktoren die Ankunftszeit und den genauen Verlauf der Flugbahn beeinflussen können.

Leuchterscheinungen oder ein Überschallknall möglich

Dreimal wird der Weltraumschrott Deutschland überfliegen. Foto: BBK

Dass der Batteriepack oder Trümmerteile in Deutschland einschlagen, gilt als sehr unwahrscheinlich – mit „Leuchterscheinungen und einem Überschallknall“ könnte es aber verbunden sein, auch außerhalb der beschriebenen Korridore. In der Sternwarte in Welzheim, einer Außenstelle des Planetariums Stuttgart, verfolgt man das Geschehen daher mit Spannung: „In Welzheim betreiben wir zwei automatische Kameras, mit etwas Glück lässt sich damit der Eintritt und das Verglühen dieses Objektes mit unseren Kameras festhalten“, hofft Martin Gertz von der Sternwarte.

Um ISS-Schrott zu beobachten, braucht man kein Teleskop

Eine Gefahr stellen die Trümmerteile aller Voraussicht nach jedoch nicht dar. Holger Krag, der Leiter des europäischen Programmes für Weltraumsicherheit, betonte in der Tagesschau, jedes Jahr würden rund 100 Tonnen an Weltraumschrott in der Atmosphäre verglühen, ohne großartige Aufmerksamkeit zu erregen. Entsprechend hat die in den Apps ausgegebene Warnung die niedrigste Stufe. „Eine Gefährdung für Deutschland wird derzeit als statistisch unwahrscheinlich angesehen“, teilt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit.

Und so bleibt am Boden zumindest die Chance, ein Himmelsspektakel beobachten zu können: Wenn die Trümmerteile voraussichtlich ankommen, ist es schon dunkel – und laut Wetterprognose wird der Himmel klar sein. Um das Spektakel verfolgen und festzuhalten, braucht es aber nicht unbedingt Hightech und auch kein Teleskop: „Das Verglühen eines Stücks Weltraumschrott lässt sich besser mit dem bloßen Auge oder mit einer Kamera bestückt mit einem extremen Weitwinkelobjektiv einfangen“, rät Martin Gertz.