Zu schade für den Dachboden – die Bibliothek für Zeitgeschichte archiviert Briefe, Fotos und Tagebücher aus der Weltkriegszeit, die Privatleute gespendet haben.

Stuttgart - Lebensdokumente sind ein Spezialgebiet der Bibliothek für Zeitgeschichte in Stuttgart. Irina Renz betreut unter anderem die Sammlung „Zeit der Weltkriege“ , die hauptsächlich aus Spenden von Privatleuten besteht. Sie erklärt, was mit den Dokumenten geschieht.

 

Frau Renz, kann jeder Dokumente an die Bibliothek für Zeitgeschichte abtreten?

Ja. Sehr gerne ergänzen wir unsere Feldpostsammlung zu den beiden Weltkriegen. Bereits 140 000 Briefe sind hier archiviert, die größtenteils aus Privatbesitz an uns abgegeben wurden.

Welche Dokumente und Hinterlassenschaften sind für Sie von besonderem Interesse? Und welche kommen von vornherein nicht für eine Aufbewahrung in Ihrem Haus infrage?

Besonders interessant sind für uns private Aufzeichnungen: Tagebücher, Briefe, Erinnerungen sowie Fotografien aus der Zeit der Weltkriege. Weniger infrage kommen Bücher und Zeitschriften, da die Landesbibliothek diese in der Regel schon besitzt.

Welche Informationen sollten die Spender an Sie weitergeben? Müssen sie zum Beispiel die Unterlagen „vorsortieren“?

Die Übernahme von Materialien aus Familienbesitz hat für uns den großen Vorteil, dass wir über die Briefschreiber meistens noch etwas erfahren können, was sich vielleicht aus den hinterlassenen Dokumenten nicht erschließen lässt. So interessiert uns neben den biografischen Daten auch das Leben der Kriegsteilnehmer vor und nach dem Krieg. Vorsortiert oder abgeschrieben müssen die Briefe nicht sein – wenn es so ist, erspart es uns natürlich viel Arbeit.

Was geschieht dann mit den Dokumenten? Werden sie als Ganzes aufbewahrt,oder werden nur Teile davon archiviert?

Bevor wir Material aus Privatbesitz übernehmen, besprechen wir mit den Vorbesitzern genau, was in unsere Sammlung passt, oder machen gegebenenfalls Vorschläge, welche andere Einrichtung für die Archivierung besser geeignet ist. Die von uns übernommenen Dokumente werden als Konvolute in einer Datenbank verzeichnet und stehen dann der Forschung zur Verfügung. Auch für die Familien hat dies den Vorteil, dass familiengeschichtliches Material nicht auf dem Flohmarkt landet, sondern auch für künftige Generationen zugänglich bleibt.

Ist es eher selten oder häufig der Fall, dass Sie Dokumente von Privatleuten erhalten?

Immer wieder melden sich Bürger, die nicht wissen, wohin mit den geerbten Materialien oder Dachbodenfunden. Die Bibliothek für Zeitgeschichte lebt von privaten Schenkungen, die einen wichtigen Teil der Sammlungen ausmachen.

Falls jemand seine Briefe lieber bei sich zu Hause aufbewahren will – was würden Sie ihm da raten?

Wir verstehen sehr gut, dass sich viele Menschen von den Erinnerungsstücken nicht trennen wollen. Sicher wäre es gut, die Papiere wärme-, feuchtigkeits- und lichtgeschützt aufzubewahren. Klarsichthüllen unbedingt vermeiden! Die können chemische Stoffe enthalten, die Tinte und Papier angreifen. Auch kann es sinnvoll sein, den eigenen Erben Hinweise zu geben, wo die Briefe später einmal archiviert werden sollen.