Die zweitgrößte deutsche Gewerkschaft Verdi leitet eine neue Ära für die Zeit nach Frank Bsirske ein: der bisherige Vize Frank Werneke soll im Herbst nächsten Jahres zum Vorsitzenden gewählt werden.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Verdi-intern wurde er schon als „Prince Charles“ belächelt, weil er so lange auf die Übernahme des Gewerkschaftsthrons warten musste. Dennoch war es keineswegs sicher, dass er tatsächlich Frank Bsirske nachfolgen soll. Er galt lediglich als einer von mehreren Anwärtern. Doch nun erhält Frank Werneke, seit 2003 stellvertretender Vorsitzender, seine Chance: Eine Findungskommission hat sich nach Informationen unserer Zeitung einhellig auf den 51-Jährigen als künftigen Verdi-Vorsitzenden festgelegt.

 

Behle und Kocsis sollen gleichberechtigte Vize werden

Nach der 18-jährigen Bsirske-Ära wird er die Aufgabe haben, Verdi neu auszurichten, denn zugleich wird eine tief greifende Reform der Gewerkschaft vorbereitet. Werneke leitet bisher den Fachbereich Medien und ist für die Finanzen zuständig. Als gleichberechtigte Stellvertreterinnen werden Christine Behle, Leiterin des Bundesfachbereichs Verkehr, und die bisherige Vize Andrea Kocsis vorgeschlagen, die zudem den Fachbereich Postdienste führt.

Der Vorschlag soll im November vom ehrenamtlichen Gewerkschaftsrat beraten werden, dessen sechsköpfiges Präsidium die Nachfolgesuche übernommen hatte. Gewählt werden muss der neue Vorsitzende auf dem Bundeskongress vom 22. bis 28. September 2019 in Leipzig. Die Zustimmung beider Organe gilt aber als Formalie. Auch Bsirske wirbt dem Vernehmen nach intern dafür – bisher hatte er nie eine Präferenz offen erkennen lassen.

Strittige Debatte von Seiten der Frauen denkbar

Die Verdi-Beschäftigten werden seit Dienstag informiert. Der baden-württembergische Bezirkschef Martin Gross bestätigte auf Anfrage den Beschluss der Findungskommission. Die Landesbezirksleitung freue sich über deren Vorschlag und unterstütze ihn ausdrücklich, sagte er unserer Zeitung. Die Vorsitzende des Gewerkschaftsrates, Monika Brandl, hatte in den vergangenen Wochen mit allen Landesbezirksleitungen über die Bsirske-Nachfolge beraten. Dies spricht nach den Worten von Gross für eine gründliche Suche. Trotzdem sind noch heiße Diskussionen denkbar, weil keine Frau für die Bsirske-Nachfolge vorgeschlagen wird. Verdi sieht sich auch als Frauen-Gewerkschaft: Der weibliche Anteil beträgt gut 52 Prozent – im Durchschnitt des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist es lediglich ein Drittel.