Weihnachtsbäume selbst zu schlagen wird immer beliebter – davon profitiert der Familienbetrieb Raducki & Weiß zwischen Löchgau und Bietigheim-Bissingen.

Christoph Brechtel kämpft mit sich, der Säge und dem Baum. Es ist nicht leicht, an den unteren Stamm der schön gewachsenen Nordmanntanne, der einen Durchmesser von rund 15 Zentimeter hat, heranzukommen und die Säge an der richtigen Stelle zu platzieren. Denn das Sägen will gelernt sein. Man muss kräftig durchziehen, ohne zu stoppen und beim Zurückziehen des Werkzeugs wieder entlasten, sonst verhaken sich die Zähne.

 

Das aber passiert bei Brechtel, der mit seiner Frau und dem 18 Monate alten Sohn Paul aus Stuttgart-Stammheim ins „Weihnachtsbaumparadies“ der Firma Raducki & Weiß nach Löchgau gekommen ist. Deshalb bittet er Inhaber Slawomir Raducki um Hilfe, der mit seiner Motorsäge den Baum in wenigen Sekunden geschlagen hat. „Es ist ein schönes Erlebnis für unseren Sohn“, sagt Christoph Brechtel. Ihm gefällt, dass es „nachhaltiger, in der Nähe ist und weil wir wissen, wo er herkommt“, sagt er. Und man sehe - anders als in den bereits verpackten Bäumen im Baumarkt – wie der Christbaum aussieht. Knapp drei Meter hoch ist das Exemplar, dass die Familie Brechtel ausgesucht hat. „Für uns kein Problem, denn wir haben daheim eine Raumhöhe von 3,80 Meter“, sagt Brechtel.

Der Verkauf läuft richtig rund

Ein weitaus größeres Objekt aus Raduckis Baumzucht steht in Stuttgart im Mercedes-Benz-Museum. „Dort kann man eine zwölf Meter hohe Nordmanntanne bewundern“, sagt der 50-Jährige. Ob Kiefer, Fichte oder Tanne – alljährlich haben die Weihnachtsbaumsuchenden die Qual der Wahl. Und während andere Branchen von einem zurückhaltendem Kaufverhalten wegen der Krisen sprechen, läuft es für die Raduckis richtig rund. Der Parkplatz ist gut gefüllt mit Autos vor allem aus Ludwigsburg und Umgebung. Richtig viel los war an den Adventswochenenden, wenn sich der Hof in ein Weihnachtsparadies verwandelt mit Glühwein, Punsch, Gulaschsuppe, Schupfnudel und anderen Leckereien. Die Raduckis haben eine behagliche Atmosphäre geschaffen ,und wer Lust hat, kann sich in einen ehemaligen Sessellift oder einen antiken Pferdeschlitten setzen.

„Wir sind zufrieden. Die Geschäfte laufen gut“, sagt Raducki. Er muss es wissen, denn seine Familie ist seit 40 Jahren im Weihnachtsbaum-Geschäft im Nebenerwerb tätig. Unterstützt wird er von seinem Bruder Michael, der gerade den Baum der Brechtels mit Hilfe einer Maschine einnetzt. Aber auch seine Mutter Teresa Weiß hilft noch mit. „Das Selbstschlagen hat den Vorteil, dass man mit eigenen Augen sieht, wo der Baum gewachsen ist und keine 500 Kilometer lange Reise hinter sich hat“, sagt er.

Anfang Oktober ging er mit seinem Bruder über den rund zehn Hektar großen Tannenwald, um die zu schlagenden Bäume mit einem orangefarbenen Etikett zu kennzeichnen. Bäume ohne Kennzeichnung sind dann erst in den kommenden Jahren dran. Ende Oktober waren schon die ersten Kunden da, um sich schon einmal ihr Traumbäumchen zu reservieren – diese sind wiederum mit einem gelben Band samt Namen des potenziellen Käufers gekennzeichnet. Einer davon war Tim Häberle, der sich eigentlich heute seinen Baum holen wollte. Weil er krank geworden war, schickte er seinen Vater Hans Häberle, ausgestattet mit einem Handyfoto los. Bisher war die Suche vergeblich, doch der Vater gibt nicht auf.

25 Euro pro Meter

Wer nicht selbst zur Säge greifen will, wird bei den Raduckis auch fündig, denn auf dem Hofgelände steht bereits eine Riesenauswahl an geschlagenen Bäumen. Eine schöne Nordmanntanne kostet circa 25 Euro pro Meter, die Blaufichten mit den spitzeren Nadeln sind etwas günstiger.

Aber gibt es in diesem Jahr überhaupt genug Bäume? Haben nicht die trockenen Sommer in jüngster Zeit schon vielen Tannen und Fichten den Garaus gemacht? Raducki zeigt in seinem Innenhof auf drei Demopflanzen, die auf einem Brett befestigt sind. Die älteren davon haben nicht gelitten – die jungen Pflanzen schon. Das wird klar, wenn man sich die Wurzeln anschaut: Die fünf und sieben Jahre alten Nordmanntannen haben schon lange Wurzeln ausgetrieben und kommen in trockenen Sommern auch an die Wasserreserven in den tieferen Schichten ran. „Bei den Jungpflanzen mit den kürzeren Wurzeln hatten wir einen Verlust von rund 40 Prozent“, sagt Slawomir Raducki.

Es gibt auch Alternativen

Seit Jahren steht die Nordmanntanne ganz oben in der Gunst der Käufer, weil sie gut zu schmücken ist und lange hält. Aber es gibt auch interessante Alternativen. Die Engelmann-Fichte zum Beispiel, die ähnlich aussieht wie eine Blautanne, doch, wenn man über die Nadeln streicht, fühlt sich das wunderbar weich an, und es pikt nicht. Ein besonderer Baum ist die Colorado-Tanne. Sie trägt schmiegsame, lange Nadeln mit einer silbergrauen Farbe und verströmt einen angenehmen Zitrusduft. Relativ neu im Programm ist auch die Fraser Tanne – der typische Merry-Christmas-Baum der Amerikaner. In den USA wird der Baum oft nur in Form geschnitten angeboten, wodurch sie ihren kennzeichnenden kegelförmigen Charakter erhält. Bei Slawomir Raducki sind die Tannen unversehrt.

Hochbetrieb in der Weihnachtszeit

Öffnungszeiten
Die  Adresse des Landwirtschaftlichen Betriebs Weißenhof, Raducki & Weiß GbR, ist in der Weißenhofstraße 25, in Löchgau. Geöffnet ist täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr, am 24. Dezember bis 12 Uhr; Bäume selber zu schlagen ist allerdings nur noch bis zum 21. Dezember möglich.

Kontakt
Fragen werden beantwortet unter der Telefonnummer 0 71 43/18 15 9, mobil: 0170 - 322 55 32, oder auch per E-Mail unter der Adresse : info@weihnachtsbaumparadies.de.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter der Adresse: https://www.weihnachtsbaumparadies.de/.