„Momentan haben wir noch mehr zu tun“, sagt Barbara Ottmüller. Ihre Kolleginnen und sie arbeiten in ihrer Weil der Städter Praxis „Du und Ich“ unter verschärften Bedingungen.

Weil der Stadt - Mit der Umsetzung der Corona-Maßnahmen ist unser Aufwand gestiegen“, sagt Parissa Tayebi, eine der Hebammen aus der Praxisgemeinschaft „Du und Ich“ in Weil der Stadt. Auch bei den Geburtshelferinnen ist Homeoffice angesagt. „Kurse wie Rückbildungsgymnastik mache ich mit Computer und Handy aus meinem Wohnzimmer“, erklärt Barbara Ottmüller, die wie ihre Kollegin zusätzlich in der Geburtshilfe im Krankenhaus Leonberg des Klinikverbundes Südwest arbeitet. Beide arbeiten in Teilzeit im Krankenhaus und freiberuflich in der Vor- und Nachsorge.

 

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Im Leonberger Kreißsaal hat sich einiges geändert. Aktuell heißt das, dass schwangere Frauen zu Kontrollterminen und zur Geburtseinleitung zuerst alleine in den Kreißsaal kommen. Der Partner kann per Videoanruf teilnehmen, um gemeinsam wichtige Entscheidungen zu treffen. Die werdenden Väter dürfen bei der Geburt mit dabei sein – allerdings darf der Kreißsaal nicht verlassen werden. Seit Kurzem haben sie ebenfalls wieder die Möglichkeit, Mutter und Kind zu besuchen – wenn auch nur für eine begrenzte Zeit und es ist nur ein Besucher zugelassen. Alle anderen Familienmitglieder müssen sich gedulden, bis die Mama und das Neugeborene nach Hause kommen.

„Die Ruhe nach der Geburt tut den Frauen eigentlich ganz gut“, weiß Elizabeth Weischede, die seit fast 50 Jahren als Hebamme arbeitet. „Früher war das ganz normal und der Aufenthalt im Krankenhaus zur Regeneration dauerte mindestens eine Woche.“ Die erfahrene Geburtshelferin kommt aus Neuseeland. „In meiner Heimat sind Hebammen sehr geschätzt“, erklärt Elizabeth Weischede. Ein Grund für sie, die dreijährige Ausbildung zu absolvieren – für deren Qualifikation dort auch eine Ausbildung als Krankenschwester notwendig gewesen ist.

Verantwortung für Mutter und Kind

Wer Hebamme in Deutschland werden möchte, muss künftig studieren. Das sieht ein Gesetz vor, welches der Bundestag im vergangenen Herbst beschlossen hat. Das Gesetzeswerk muss allerdings noch vom Bundesrat bestätigt werden. Am Ende eines drei- bis vierjährigen dualen Studiums mit hohem Praxisanteil stehen eine staatliche Prüfung und ein Bachelor-Abschluss. Für die gesamte Dauer soll eine Vergütung gezahlt werden.

Bislang werden Hebammen an Hebammenschulen ausgebildet. Bewerben konnte sich dort jeder mit mittlerer Reife oder gleichwertigem Schulabschluss. Für das Studium sind künftig grundsätzlich eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung oder eine abgeschlossene Ausbildung in einem Pflegeberuf Voraussetzung.

„Im Kreißsaal tragen wir die Verantwortung für Mutter und Kind“, wissen die drei Frauen. Laut des Deutschen Hebammengesetzes muss bei jeder Geburt eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger, von denen es nur eine Handvoll im Land gibt, anwesend sein. Nur in Notfällen darf ein Arzt ohne Hebamme entbinden. Die Geburtshelferinnen müssen erkennen, wenn das Eingreifen eines Arztes erforderlich ist. Daher begrüßt Elizabeth Weischede die Aufwertung ihres Berufs. „Aus der Praxisgemeinschaft habe ich mich zurückgezogen“, sagt die 74-Jährige. „Bis Ende des Jahres mache ich noch Nachsorge.“ Dazu fährt sie auch bis nach Aidlingen und Dätzingen. Die Neuseeländerin hat ihre Berufswahl nie bereut: „Arbeit gibt es immer genug – selbst in einer Krise.“ Sie gibt aber zu bedenken, dass freiberufliche Hebammen Tag und Nacht erreichbar sein sollen. „Für mich war es mehr Hobby als Beruf.“ So machte ihr die regelmäßige Arbeit am Wochenende nichts aus.

„Hebamme ist ein toller Beruf“

„Momentan haben wir noch mehr zu tun“, erklärt auch Barbara Ottmüller. „Die meisten Frauen möchten ambulant entbinden oder nach einer Nacht aus dem Krankenhaus entlassen werden.“ Da spielt die Wochenbettbetreuung, die mit Maske und auf Abstand gemacht wird, eine noch größere Rolle. „Teilweise mache ich Termine auch telefonisch, wenn keine Untersuchung des Babys notwendig ist“, erklärt Parissa Tayebi. Auch Hausgeburten sind gerade gefragt. Doch davon lassen immer mehr Hebammen die Finger, denn die vorgeschriebene Versicherung kostet mehrere tausend Euro im Jahr.

„Es ist ein toller Beruf“, erklären alle unisono. Und wer könne sich schon gleich nach der Ausbildung selbstständig machen, ohne viel Startkapital? Ein Geheimnis verraten die drei noch: „Vielmehr noch als Babys muss man die Frauen mögen.“