Lokale Händler und Sozialeinrichtungen bieten Dienste übers Internet an – die Resonanz ist aber verhalten.
Weil der Stadt - Die Internetplattform ,Lebensqualität Weil der Stadt’ ist schnell, einfach und sicher.“ Mit etwa jenen Worten hat Dietmar Becker vor gut einem Jahr für das Projekt geworben. „Wir wollen Netzwerke knüpfen und Sozialräume stärken“, erklärte er damals seine Idee. Heute, ein Jahr später, ist Becker zwar nach wie vor von der Idee überzeugt. Die anfängliche Euphorie scheint jedoch etwas gedämpft.
Dabei klang das Konzept recht vielversprechend. Dienstleister und Händler sollten sich auf einer Internetplattform präsentieren. Die Kunden hätten einen Überblick über die Angebote in ihrer Stadt und könnten schnell und bequem von zu Hause aus auf eine Dienstleistung zugreifen (wir berichteten). Doch das Projekt geht nur schleppend voran, längst sitzen nicht alle Weiler Dienstleister mit im Boot. Rund 60 Betriebe bieten 260 Dienstleistungen an. „Zu wenig, das muss noch mehr werden“, findet Dietmar Becker, der als Geschäftsführer des Sindelfinger Entwicklungszentrums „Gut altwerden“ das Projekt betreut. Im Hintergrund wirkt das wirtschaftsnahe „Competence Center Independant Living“ der Uni St. Gallen mit.
Ob Apotheken, Taxiunternehmen, Metzgereien oder Handwerker, sie alle bieten auf der Internetseite ihre Dienste an. Doch beim genauen Hinschauen fällt auf: nicht alle Gewerbetreibende sind aus Weil der Stadt, einige sind aus Simmozheim, Aidlingen oder Grafenau. Dass das einige Händler stört, weiß Becker zwar. Aber es gehe nicht anders, bestimmte Angebote gebe es in Weil der Stadt nun mal nicht. „Das haben wir auch von Anfang an kommuniziert.“
Auch bei den Bürgern stößt die Plattform bislang nur auf verhaltenes Interesse, etwa 50 Menschen bestellen dort. Dietmar Becker weiß: „Wir müssen das ganze Thema noch mehr ins Bewusstsein der Bürger bringen. Und das ist eine sehr zähe Sache.“
Warum das Projekt nur schwer in Gang kommt? Becker hat eine Vermutung: „Wir haben vor allem die App für Smartphones und Tablets groß beworben“, sagt er. Möglicherweise habe das viele abgeschreckt, weil sie sich nicht vorstellen konnten, wie das funktionieren soll. Hinzu komme, dass manche die Buchung per Mausklick oder Telefon als Konkurrenz zum bestehenden Angebot sehen.
Das sei aber gar nicht der Fall, so Becker. Im Gegenteil. Im Internet hätten die Kunden lediglich sämtliche Angebote in der Übersicht. „In Weil der Stadt haben wir ein breites Angebotsspektrum, und das gilt es abzubilden“, sagt Dietmar Becker.
Noch bis Ende 2015 läuft das bundesweit einmalige Pilotprojekt. Im Frühjahr wollen Dietmar Becker und seine Kollegen Bilanz ziehen, um zu wissen, wo sie stehen und was sie verbessern müssen. Becker sieht das Projekt trotz verhaltener Resonanz nicht als gescheitert an. Man sei zwar davon ausgegangen, dass es alles etwas schneller gehe. „Aber dass es nicht in einem Jahr gegessen ist, war von Anfang an klar“, sagt er deutlich. Eines habe er im vergangenen Jahr gelernt, sagt Becker: „Prozesse in einem sozialen Raum dauern nun mal lang.“
Trotzdem ist er optimistisch, glaubt fest daran, dass sich die Idee durchsetzen wird. Hier kommt Felix Willibald ins Spiel. Im September hat der 27-jährige Betriebswirt und Sozialpädagoge sein Büro im Weiler Spital bezogen. Er berät Kunden und Dienstleister gleichermaßen, ist Ansprechpartner vor Ort. Zurzeit ist er vor allem damit beschäftigt, das Portfolio aufzustocken. „Ich bin viel unterwegs, spreche mit den Leuten und berate sie“, sagt er. Ein bisweilen zähes Geschäft. „Denn es braucht Zeit, die Leute zu überzeugen – und vieles läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda“, so Felix Willibald.
Unterstützung gibt es auch aus dem Weiler Rathaus. Zumindest moralisch, denn die Stadt beteiligt sich mit keinem Cent an dem rund 700 000 Euro teuren Projekt. Der Bürgeremeister Thilo Schreiber ist vom Konzept überzeugt, die Macher seien auf einem guten Weg, sagt er. Ob es sich letztlich allerdings durchsetzen wird? Schreiber ist zurückhaltend. „Denn am Ende entscheiden die Bürger, ob solch ein Service gewünscht ist oder nicht“, sagt er.