Bei der Mähmeisterschaft des Obst und Gartenbauvereins kämpfen zehn Kandidaten mit ihren Sensen um den ehrwürdigen Titel. Am Ende gewinnt einer, der es auf sage und schreibe 37,5 Kilo Gras gebracht hat.

Weil der Stadt - Da hat er doch noch einen Halm gefunden. Mit dem großen Rechen kratzt Dieter Schilling seine Ausbeute zusammen. „Das macht er fast so gut wie früher die Häusler“, schmunzelt Wolfgang Fritschi, der Moderator des Nachmittags. Die Häusler waren Tagelöhner ohne eigenes Land, die das Recht hatten, Gras am Wegesrand abzuzupfen. Dieter Schilling hat dieses Recht nicht nötig. Er hat ein Stück Land, wenigstens am Samstagnachmittag und zwar eineinhalb Minuten lang.

 

So lange haben die Kandidaten bei den „MMM“, den „Merklinger Mäh-Meisterschaften“ nämlich Zeit, ihr abgestecktes Stückchen Wiese zu mähen. Und zwar mit der traditionellen Sense, ganz ohne Motor. Kein Problem für Dieter Schilling, der sich bis gerade eben durch das kniehohe Gras gekämpft hat. Und jetzt die Ausbeute zusammenrechen muss. „Da muss er aber aufpassen, dass der Rechen nicht kaputt geht“, murmelt ein Zuschauer bitterböse. Ja, ja, ein paar Grashalme stehen noch, und der Rechen bleibt da schon mal hängen.

Aber am Ende zählt das Ergebnis von Kampfrichter Rainer Meeh. Er packt die Ausbeute in einen großen Blechbottich und misst auf einer alten Getreidewaage jeden Halm. „30 Kilo“, ruft er. Kein schlechtes Ergebnis. Rainer Meeh ist der Vorsitzende des Obst-und Gartenbauvereins in Merklingen, der die MMM veranstaltet. „Der Mähwettbewerb kommt halt an“, freut er sich.

Zehn Kandidaten haben sich in diesem Jahr gemeldet und kämpfen sich abwechselnd mit ihren Sensen über das städtische Grundstück beim Merklinger Vereinsheim. Zum Beispiel auch Licio Pucci. Gelassen, aber akkurat pflügt er sich über die Wiese. „Das ist wirklich ein schneller, italienischer Mähstil“, kommentiert Wolfgang Fritschi fachkundig. Am Ende dann die Überraschung: 36 Kilogramm.

Die versierten MMM-Zuschauer wissen natürlich, was der Licio drauf hat. Schließlich hat er den Wettbewerb schon zwei Mal gewonnen. „Ich hab das halt gelernt“, erklärt er später beim Dengeln, also beim Schärfen seiner Sense. Und zwar vom Opa, damals, in seiner Kindheit, auf dem Bauernhof in Lucca in der Toskana. Heute, in Merklingen auf seinem Gartenstückle, hat er dagegen einen Rasenmäher mit Motor („so einen richtigen zum draufsitzen“).

Trotzdem freut er sich, dass er die Sache mit der Sense noch richtig im Blut hat. „37,5 Kilo“, ruft da der Moderator Wolfgang Fritschi. „Herzlichen Glückwunsch an Reinhold Gassner!“ Licio Pucci muss sich geschlagen geben, am Ende wird er den zweiten Platz machen. Die 37,5 Kilo indes kann niemand mehr toppen, Reinhold Gassner ist MMM-Sensen-Champion 2015!

„Das Sensen war früher das A und O“, sagt Reinhold Gassner nach seinem Triumph, noch ein bisschen außer Atem. „Das hat jeder beherrschen müssen. „Ich hab’ das ja noch vom Vater gelernt“, erzählt er. Deshalb findet er es gut, dass diese Kunst in solchen Wettbewerben an Jüngere weitergegeben wird. Das war auch das Ziel von Wolfgang Fritschi, dem zweiten Vorsitzenden des Obst-und Gartenbauvereins, als er den Wettbewerb vor zehn Jahren erfunden hat. „Damals wollten wir unseren Vereinsmitgliedern das Sensen beibringen“, erklärt Fritschi.

Schließlich lernt es sich bei so einem Wettbewerb einfach besser. Und die Sensen-Kunst kann man auch noch im Jahr 2015 gut gebrauchen. „Zum Beispiel bei Streuobstwiesen“, sagt Wolfgang Fritschi, „da kommen Sie um Bäume nur mit einer Sense herum.“ Und auch hier gilt: Übung macht den Meister. Da ist es gut, dass Dieter Schilling und Rolf Schindele noch mal ran müssen. Beide haben nämlich jeweils 30 Kilo geerntet, müssen deshalb in einem Stechen um den dritten Platz kämpfen.

„Auf die Plätze, fertig, Määääähhh“, ruft daher Wolfgang Fritschi zum letzten Mal. Und verteilt nochmals wertvolle Tipps in Sachen Sensen-Kunst: „Immer schön ruhig im Halbkreis mähen, nur nicht hetzen.“ Rolf Schindele hat auf diese Weise schließlich ein Pfund mehr Gras gesammelt und darf den dritten Pokal einsacken. Bei der Siegerehrung darf er deshalb neben Reinhold Gassner stehen, dem stolzen Sieger. „Wieder ein Pokal mehr zum Abstauben“, murmelt der, trotzdem nicht wirklich unzufrieden dreinschauend. Die Arbeit geht eben nie aus.