Das Kloster Ensemble begeistert das Publikum mit einer skurrilen Multimedia-Aufführung.

Weil der Stadt - Die Darstellung des Todes – sei sie allegorisch wie in Goethes „Erlkönig“, personifiziert in „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal oder als „Gevatter Tod“ bei den Brüdern Grimm – ist in Literatur und Bildender Kunst ein häufiges Motiv. Im Romandebüt „Sophia, der Tod und ich“ (2015) von Thees Uhlmann (geboren 1974), Gründungsmitglied und Sänger der Hamburger Rockband Tomte, klingelt der Tod einfach mal an der Tür.

 

Moritz Sack vom Jugendhaus Kloster hat daraus eine pfiffige Bühnenfassung erstellt und mit seinem Ensemble (gegründet 2010) samt fetziger Band in der voll besetzten Aula der Heinrich-Steinhöwel-Schule aufgeführt. Als es überraschend klingelt - der Ich-Erzähler (Oliver Hauber) denkt gerade ganz postmodern über den besten Romananfang nach – , steht allerdings kein Sensenmann mit schwarzer Kapuze vor der Etagentür, sondern ein Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Durchschnitts-Protagonisten hat (Yannick Conchy). Seine lapidare Mitteilung lautet: „Ich bin der Tod, und Sie müssen jetzt mitkommen.“

Der ungebetene höfliche Gast im akkuraten schwarzen Anzug macht keine langen Umstände: „Sie haben jetzt noch drei Minuten Zeit, um über alles nachzudenken.“ Aber ganz so schnell geht es dann doch nicht mit dem Sterben, denn Sophia (Nicoletta Sack), die zickige Exfreundin, taucht auf und schürt alte Konflikte: „Beim kleinsten Problem knickst du ein!“ So gelingt es dem Protagonisten, noch mal von der Schippe zu springen, und der Tod, der selber mit seiner Rolle als das „unbeliebteste Wesen auf der ganzen Welt“ hadert, freut sich, dass Leben in die Bude kommt.

Abenteuerliches Roadmovie

Zu dritt rennen sie die Straße entlang und es startet ein abenteuerliches Roadmovie mit skurrilen Szenen, flapsigen Dialogen und viel Schwung. Gemeinsam besuchen sie die Mutter des Protagonisten (Janina Helde), den „Erdbeermarmeladen-Einmach-Sisyphos“, wo der Tod sich als „Morten de Sarg“ vorstellt. Mit der Mutter am Steuer geht die Fahrt weiter. Kompliziert wird die Angelegenheit, als ein „Zweiter Tod“ (Moritz Riexinger) weniger freundlich an der Tür klingelt – auch im Hades scheint die Konkurrenz der Marktwirtschaft zu überleben – und so fechten beide Tode ein spannungsreiches und artistisches Duell aus.

Als der Protagonist begriffen hat, dass es „nicht um die Summe der Tage, sondern um die Fülle der Gefühle geht“ und er vom Tod etwas über das Leben gelernt hat, bringt ihn der Sensenmann doch „da vorne mal um die Ecke“. „Es ist, wie es ist. Und keiner kann es ändern.“

Die Regie von Moritz Sack ist fantasievoll und inspiriert: Mit projizierten Bildern, Freeze-Standbildern, Bewegung der Akteure im ganzen Zuschauerraum und thematisch passender Musik entsteht ein sinnliches Gesamtkunstwerk. Die groovy Band mit Klavier (Robin Weidle), Bass (Fabian Helde), Saxophon (Florian Knorr, Fridolin Sack), Querflöte (Hannah Brinkmann) und Trompete (Janos Sack, Lorenz Constien) spielt eigene Arrangements und bekommt verdienten Sonderapplaus.

Temperament und Witz

Oliver Hauber als der Protagonist „Ich“ zeigt markante Bühnenpräsenz, viel cholerisches Temperament und flapsigen Witz. Nicoletta Sack als „Sophia“ gibt treffend die resolute Exfreundin, die immer noch Schaukämpfe mit ihm austrägt - aber auch eine neue Liebe bei ihm weckt. Und „Der Tod“? Yannick Conchy brilliert mal mit kühler Eleganz und trockenem Humor, dann wieder mit übermütiger Ausgelassenheit – und sein „Mambo No. 5“ mit marionettenhaft skurrilen Bewegungen erhält spontanen Szenenapplaus: Ein fulminantes Solo für den Tod und eine Hommage an mittelalterliche Totentänze.

Der Tod ist das letzte Tabu der Gesellschaft – und eine ärgerliche Provokation für den Machbarkeitswahn. Ein Schuss mehr Erdenschwere, Tremor und Tiefgang hätte dem Text von Thees Uhlmann gut getan. Manches bleibt dann doch flach und flapsig. Moritz Sack hat Tränen in den Augen, als er sich bei seinem Ensemble, sowie den Licht- und Tontechnikern (Yves Boley, Konrad Klein) bedankt. Er hat seine Inszenierung mit viel Herzblut gestaltet, die Schauspieler leben und lieben ihre Rollen.