Die Hauptweinlese in den Oberen Neckarvororten hat begonnen. Die prallen Trauben locken auch Diebe an. Deswegen verstärkt der städtische Vollzugsdienst seine Kontrollgänge.

Nachdem der Oktober sich von seiner sonnigen Seite zeigt, herrscht Hochbetrieb in den Weinbergen rund um den Lenzen-, Ailen- und Mönchberg. Die Wengerter holen einen „vielversprechenden“ Jahrgang ein. Pralle Trauben hängen an den Rebstöcken. Sie wecken aber nicht nur bei den Weinmachern Interesse. „Wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation bedienen sich etliche Bürger in unseren Rebhängen“, sagt Weingut-Besitzer Fritz Currle. Immer wieder begegne er Spaziergängern mit Tüten voller Trauben.

 

Vollzugsdienst auch auf Volksfest

Aus diesem Grund hat der städtische Vollzugsdienst seit einigen Wochen seine Kontrollgänge in den Weinbergen der Oberen Neckarvororte verstärkt. „Allerdings im Rahmen unserer Möglichkeiten“, schränkt Udo Steinicke, der Einsatzleiter des städtischen Vollzugsdienstes, ein. Denn während der Volksfestzeit müssen seine Leute ihre Dienste auch rund um den Cannstatter Wasen leisten. An den besucherstarken Wochenenden kontrollieren sie das Parkverbot in den Anwohnergebieten. „Wir versuchen aber, die Ausfallzeiten durch mehr Kontrollen zu anderen Tageszeiten zu kompensieren“, sagt Steinicke.

Die erhöhte Präsenz zeigt Wirkung. Die weithin sichtbaren, weiß-blauen Fahrzeuge schrecken ab. Vor einigen Jahren wurden mehrfach mehrere hundert Kilo Trauben aus Untertürkheimer Weinbergen gestohlen und die Wengerter beklagten sich oft, dass sich Wanderer hemmungslos an den Trauben bedienten. Seit der Vollzugsdienst seine Streifentätigkeit intensiviert hat, sind diese Fälle selten geworden.

Strafantrag bei Traubendiebstahl

Im vergangenen Jahr erwischten die Feldschützer bei ihren rund 80 Streifgängen in den Weinberglagen gerade mal vier Personen, die Trauben stahlen. „Wir nehmen deren Personalien auf und kontaktieren die Grundstücksbesitzer“, erzählt Jutta Lausterer. Die Wengerter müssen entscheiden, ob sie einen Strafantrag stellen. „Traubendiebstahl ist kein Kavaliersdelikt. Dies geht über eine Ordnungswidrigkeit hinaus und erfüllt einen Straftatbestand, der je nach Menge und Art hart und im Wiederholungsfall auch mit einer Haftstrafe geahndet werden kann“, warnt Lausterer. Sie hat Erfahrung. Seit fast drei Jahrzehnten ist sie in den Weinbaugebieten der Oberen Neckarvororte unterwegs.

Schleichwegfahrer eine Gefahr

Traubendiebstahl ist nicht das Hauptproblem. Viel öfter – 2020 fast 50 Mal während der Erntezeit – halten die Feldschützer Autos an, die unberechtigterweise auf den Feldwegen unterwegs sind. Weinbergwege werden oft als Schleichweg zur Waldebene Ost oder – vor allem während der Sperrung des Speidelwegs – nach Frauenkopf benutzt. Auf der gegenüberliegenden Neckarseite werden die Strecken von Obertürkheim nach Rüdern oder von Rotenberg nach Fellbach abgekürzt. „Seitdem unerlaubtes Befahren von Feldwegen jedoch eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro nach sich zieht, sind die Autofahrer zurückhaltender geworden“, sagt Steinicke. Glücklicherweise. Denn gerade während der Erntezeit kommt es durch Schleichverkehr zu gefährlichen Begegnungen mit Erntefahrzeugen oder Lesehelfern.

Doch nicht nur Autos stören den Lesebetrieb. „Es ist mittlerweile normal, dass Spaziergänger abseits der Wege kreuz und quer durch die Rebanlagen gehen“, sagt Currle. Dies zeigt sich auch in der Weinberghut-Bilanz 2021. Mehrfach mussten Personen, die unberechtigt durch die Weinanbauflächen gingen, belehrt werden.

„Wir sind froh, dass die Feldschützer wieder öfter in den Weinbergen patrouillieren“, sagt Alfred Binder, der Vorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Hedelfingen beim Plausch mit Lausterer. Seine Lesemannschaft und er füllen in der Pfaffenklinge die Wannen mit Trauben. Schwerstarbeit in den Steillagen – jetzt und die Monate zuvor. „Wir arbeiten das ganze Jahr, da will man nicht, dass andere sich im Herbst ungefragt bedienen“, sagt Wengerter Fritz Currle. Der Stadtrat kennt noch die Zeiten, in denen die städtischen Mitarbeiter nur in den Außenbezirken für den Feldschutz zuständig waren – Weinberghut hieß es damals. Heute hätten die Feldschützer vielfältige kommunale Aufgaben auch in der Innenstadt zu erfüllen. Deswegen begrüßte er es, dass der Vollzugsdienst personell besser ausgestattet wurde. Dies ermöglicht es den Mitarbeitern noch intensiver als sonst, sich in den Weinbergen zu zeigen – während der Lesezeit und auch sonst.