Weinlese rund um Leonberg Kirschessigfliege: Wengerter lesen früher
Der Weißwein verspricht gute Qualität, doch viele rote Trauben konnten nicht geerntet werden. Die Mengen sind übersichtlich.
Der Weißwein verspricht gute Qualität, doch viele rote Trauben konnten nicht geerntet werden. Die Mengen sind übersichtlich.
„Die guten ins Töpchen, die schlechten ins Kröpfchen“. Dieser Leitspruch gilt nicht nur für die Linsen im Märchen Aschenputtel, sondern auch bei der Weinlese rund um Leonberg und Gerlingen. Früher als sonst haben die Wengerter mit dem Herbsten begonnen. Der Grund hat zwei Namen: Kirschessigfliege und Wespe.
Damit nicht alle das Opfer von Wespen werden, hat etwa Albert Kaspari, der langjährige Vorsitzende des Obst-, Garten und Weinbauvereins, seine Trauben am Leonberger Nordhang bereits Mitte September hereingeholt. Weiter südöstlich, am Eltinger Ehrenberg und in der Feinau, haben die Wengerter ein paar Tage länger gewartet. Doch an den vergangenen beiden Wochenenden herrschte an den steilen Hängen beider Lagen reger Betrieb.
Antje und Stefan Hartmann holen rein, was geht, schließlich ist im November wieder Besen-Zeit. Martin Hartmann zückt nicht nur für seine eigenen Tropfen die Schere, er hilft auch anderen Wengertern. Früher als sonst ist auch das Team des Stadtrats Axel Röckle zwischen den Reben zugange. In ihrem Urteil sind sie sich einig: Die Qualität der weißen Trauben ist sehr gut. „Wir haben 95 Grad Öchsle“, sagt Röckle. „Das geht schon in Richtung Spätlese.“ Die Maßeinheit, benannt nach dem Erfinder der Mostwaage Ferdinand Öchsle, gibt Auskunft über den Zuckergehalt der Trauben.
Weniger zufrieden fällt das Urteil bei der Menge aus. „Die ist sehr übersichtlich“, drückt sich Röckle diplomatisch aus. Noch drastischer aber sieht es bei den roten Trauben aus: „Wir mussten fast alle auf den Boden schneiden“, sagt der Nebenerwerbs-Wengerter, der im Weinberg einen Ausgleich zu seinem Hauptberuf als Rechtsanwalt und zu seiner politischen Arbeit findet.
Ist eine Traube von der Kirschessigfliege heimgesucht, ist sie hinüber. Um zu retten, was zu retten ist, schneiden die Helfer in mühevoller Kleinarbeit die schlechten Beeren heraus. Wobei nicht nur die berüchtigte Fliege oder Wespen an den süßen Beeren Gefallen finden: Martin Hartmann berichtet von einem Wengerter, der am Nordhang „Besuch“ aus einem nahe gelegenen Bienenstock bekommen hat.
Mit der Kirschessigfliege hat auch die Familie Schopf in Gerlingen zu kämpfen. „Die waren an den roten Beeren“, berichtet Birgit Schopf. Aber ansonsten ist der Weinbaubetrieb, der mittlerweile die Kellerei in Hessigheim beliefert, mit der noch laufenden Lese zufrieden. Die Sorten Weißburgunder, Späterburgunder und Lemberger hätten die Hitze gut verkraftet. „Und verdorrte Beeren schneiden wir raus“, sagt Birgit Schopf. Nur der Riesling ist noch nicht gelesen: „Der kann noch ein bisschen vertragen.“