Was für ein Kontrast: Drei Jahrzehnte im Büro, Veranstaltungen organisieren, mit aufgebrachten Bürgern sprechen, Termine managen und der Rathausspitze den Rücken frei halten. Jetzt hat Loni Fünfer eine eigene Autowerkstatt und betreut Kunden aus ganz Baden-Württemberg.

Weissach - Was für ein Kontrast: Drei Jahrzehnte im Büro, Veranstaltungen organisieren, mit aufgebrachten Bürgern sprechen, Termine managen und der Rathausspitze den Rücken frei halten. Jetzt hat Loni Fünfer eine eigene Autowerkstatt und betreut Kunden aus ganz Baden-Württemberg. Porsche-Leasingwagen werden vor der Rückgabe auf neu getrimmt und kaputte Ledersitze repariert. „Ich arbeite körperlich viel mehr, aber ich bin mein eigener Chef“, sagt die 55-jährige zweifache Mutter.

 

Loni Fünfer hat ein sympathisches Lächeln, ihre wachen Augen strahlen Dynamik aus. Die Unternehmerin wirkt bodenständig und energisch. Das braucht man wohl, um sich mit Anfang 50 noch einmal auf ein völlig neues Wagnis einzulassen – und daraus ein florierendes Unternehmen zu schaffen.

Eine waschechte Weissacherin

Geboren und aufgewachsen ist sie in Weissach, ging dort auf die Grundschule und dann auf die Realschule in Rutesheim. Mit 20 Jahren hat sie im Weissacher Rathaus angefangen. Prägend war vor allem die Amtszeit von Wolfgang Lucas, der von 1972 bis 1996 die Geschicke der Strudelbachgemeinde gelenkt hat. „Er war ein guter Chef, aber auch streng“, erinnert sie sich. Auch mit Roland Portmann, dem bis dato einzigen SPD-Amtsinhaber, verstand sie sich bestens. Dann wurde es turbulent, Portmann wurde bekanntlich abgewählt, der Nachfolger Reinhard Riesch ging nach wenigen Monaten. Auch die Amtszeit von Ursula Kreutel war bekanntlich turbulent.

Irgendwann im Jahr 2011 hat Loni Fünfer dann entschieden: Schluss, aus, ich mache noch einmal etwas ganz Neues. „Ich habe schon immer gerne die Autos von meinem Mann poliert“, erzählt sie. Der kaufte und verkaufte oft Wagen, selbst arbeitet er bei der Firma Porsche. Schon seit jungen Jahren hat sich Loni Fünfer für Autos interessiert. Dazu kamen Investitionspläne am Flachter Ortseingang, die schon länger angedacht waren. Im Jahr 2011 schließlich wurde dort die Autowaschanlage „Cleanpark“ gebaut, die Werkstatt nutzt Fünfer seither zur Auto-Aufbereitung.

„Meine ursprüngliche Geschäftsidee war, Leasing-Fahrzeuge von Porsche-Mitarbeitern wieder herzurichten“, erzählt sie. „Wenn die edlen Sportwagen ein Jahr lang gefahren werden, müssen sie möglichst makellos zurückgegeben werden.“ Bei gut 5000 Mitarbeitern im benachbarten Entwicklungszentrum eine naheliegende Vermutung – die sich auch bestätigt hat.

Schwieriger Aufbau einer neuen Existenz

Doch aller Anfang war schwer. Die üblichen bürokratischen Hindernisse einer Unternehmensgründung, der mühsame Aufbau von Stammkunden – all das kostet Zeit. Vor allem war es nicht leicht, sich als Frau in einer Männerbranche zu behaupten. „Der eine oder andere hatte schon Vorurteile“, räumt die 55-Jährige in. Doch die Weissacherin war fleißig, hat sich immer wieder fortgebildet und hat mit Qualität überzeugt. Der Schlüssel zum Erfolg war die Leder-Reparatur. Wenn also das teure Material abgewetzt ist, oder die Abdrücke der Winterreifen dort zu sehen sind, die Farbe verblasst oder die Tierhaut verkratzt ist, genau das ist ihr Spezialgebiet. Und genau das hat ihr auch einen erfolgreichen Geschäftszweig beschert. Eine Ausbildung beim Lederzentrum in Göttingen in Niedersachsen war der Einstieg. Mit dem Werk arbeitet sie noch heute zusammen.

Inzwischen engagiert sie sich auch im Bundesverband Fahrzeugaufwertung, der für diese Qualifikation auch Zertifikate vergibt. Loni Fünfer hat dieses als bundesweit erste Frau erhalten, was sie schon ein wenig stolz macht. „Wir setzen uns dafür ein, dass Fahrzeugaufbereitung ein anerkannter Ausbildungsberuf wird", sagt sie.

Die Oldtimer-Messe Retro-Classics in Stuttgart war für Loni Fünfer die Initialzündung, weil sie so in Kontakt kam mit den Liebhabern alter, meist wertvoller Autos. Seither kommen die Kunden aus dem ganzen Land zu ihr, von Kempten bis Backnang oder Tübingen. Der spektakulärste Fall war ein Ferrari-Kunde in Stuttgart. „Er rief mich plötzlich an und fragte, ob ich den Wagen auch abholen könnte“, erzählt sie.

So fuhr sie in die Landeshauptstadt und musste mit dem sündhaft teuren Sportwagen aus der Tiefgarage ausparken – eine Herausforderung, die sie aber gut gemeistert hat. „Ich war es schon immer gewohnt, große Wagen zu fahren, aber da habe ich schon ein wenig geschwitzt“, schmunzelt Loni Fünfer. Im Flachter Gewerbegebiet war der Ferrari jedenfalls ein echter Hingucker – inzwischen hat der Kunde ihr schon einen zweiten Boliden überlassen.

So läuft das kleine Geschäft. Seit Neustem hat Loni Fünfer sogar einen ersten Angestellten, weil die Aufträge immer mehr wurden. Werkstätten schicken ihr Autos, in denen sich Vogelkot in den Lack eingebrannt hat und auch die ursprüngliche Idee mit den Porsche-Leasingwagen läuft gut.

So hat sie sich die neue Existenz gesichert. An die Zeit im Rathaus denkt sie gerne zurück, hält auch noch den Kontakt zu alten Kollegen – zur aktuellen Kommunalpolitik will sie sich aber nicht äußern. „Meine neue Arbeit ist anstrengend, oft sind es 15 statt fünf Stunden am Tag“, sagt sie, „aber es macht mir viel Spaß.“ Die beiden 21 und 23 Jahre alten Kinder sind ebenfalls in der Autobranche beschäftigt. Und wenn noch Zeit bleibt für Hobbys, geht sie Skifahren und führt den Hund aus. Die Freunde und die Familie sind ihre Stütze und haben den Berufswechsel erst ermöglicht: „Alle unterstützen mich total. Das ist klasse.“