Es ist nichts Neues, dass eine Weltklimakonferenz in die Verlängerung geht – und dass es in den letzten Tagen noch Sorgen vor einem Scheitern gibt. Doch in diesem Jahr lief es besonders schleppend. Nun liegt eine gemeinsame Abschlusserklärung der annähernd 200 Staaten vor, die bei der Weltklimakonferenz (COP27) in Scharm el-Scheich zwei Wochen lang um Lösungen für die Klimakrise gerungen haben.
Was sind die zentralen Beschlüsse?
Erstmals haben die Staaten entschieden, einen Fonds zum Ausgleich von „Schäden und Verlusten“ durch die Klimakrise in ärmeren Ländern zu schaffen. Profitieren sollen „besonders gefährdete Entwicklungsländer“, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben – etwa, um die Folgen von Katastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren zu bewältigen. Welche Summen in den neuen Topf eingezahlt werden und wer genau zu den entwickelten Länder zählt, die einzahlen sollen, muss noch erarbeitet werden.
Das politische Abschlusspapier unterstreicht das Pariser Klimaziel: die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Darüber hinaus wurde wie schon im letzten Jahr ein schrittweiser Ausstieg aus der Kohle festgehalten. Ein Ausstieg aus Öl und Gas allerdings bleibt in dem Papier unerwähnt – dies war eine dringende Forderung vieler Staaten und Umweltschützer.
Wie bewerten deutsche Verhandler die Ergebnisse?
„Wir haben einen Durchbruch bei der Klimagerechtigkeit geschafft“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach der nächtlichen Abschlusssitzung. Sie sei froh, dass zudem das 1,5-Grad-Ziel verteidigt werden konnte. Aber: „Dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und ölproduzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend.“ Hoffnung und Enttäuschung lägen beim Ergebnis nah beieinander.
Kritik kommt von Luisa Neubauer: „Das Ergebnis ist nicht das, was die Welt gerade braucht“, sagte die Fridays-for-Future-Aktivistin unserer Zeitung. Es brauche vielmehr ein starkes Zeichen, dass man aus Kohle, Öl und Gas aussteige. „Was wir jetzt haben ist ein leeres Versprechen, die Betroffenen finanziell zu entlasten, aber auch die Ankündigung, dass man noch viel mehr Betroffene produzieren wird.“ Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace in Deutschland, hält immerhin den Beschluss über einen Fonds für Klimaschäden durchaus für einen „großen Erfolg“.
Wo hat es konkret gehakt?
Besonders hart gerungen wurde um eine Einigung zum Ausgleich von Klimaschäden für arme Länder, etwa durch Dürrekatastrophen oder Fluten. Die Industrieländer hatten sich jahrzehntelang dagegen gewehrt, das Thema zu verhandeln. Deutschland und die EU hatten in den Verhandlungen nun die Bedingung gestellt, dass Mittel aus einem Fonds oder anderen Instrumenten lediglich den „vulnerabelsten“ Ländern zugutekommen dürften. Zudem müssten „alle großen Emittenten“ sich finanziell beteiligen, hatte Baerbock erklärt und damit insbesondere China gemeint.
China – heute der größte Verursacher von Treibhausgasen – will beim Klimaschutz aber weiter als Entwicklungsland behandelt werden, nicht als Geberstaat, und beruft sich dabei auf eine Vereinbarung von 1992. Die Frage, wer in den Fonds einzahlt, ist vertagt worden.
Ein weiterer großer Knackpunkt war eine Einigung auf ein Arbeitsprogramm zur Minderung von Emissionen bis 2030 – und damit die Frage, ob das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite bleibt. Gerungen wurde etwa um den Vorschlag, die Klimaziele der einzelnen Nationalstaaten jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls nachzuschärfen. Das haben mehrere Staaten zunächst blockiert, etwa China, Saudi-Arabien oder Russland. Die EU und Deutschland hatten deshalb am Samstag vor einem Scheitern der Konferenz gewarnt. Letztlich ist das Arbeitsprogramm verabschiedet worden, es verlangt aber keine stärkeren Bemühungen der Staaten.
Was hat die COP27 in Scharm el-Scheich sonst noch gebracht?
Deutschland hat im Rahmen der Konferenz mehrere neue Klima-Initiativen präsentiert. So wurde etwa ein sogenannter Globaler Schutzschirm gegen Klimarisiken auf den Weg gebracht, in den die Bundesregierung 170 Millionen Euro als Anschubfinanzierung einzahlt. Der Schirm soll demnach Teil des Mosaiks an Hilfsmaßnahmen für die Bewältigung von Klimaschäden in ärmeren Ländern sein. Mehr deutsche Investitionen gibt es auch für den globalen Waldschutz und für eine Plattform zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft.
Zudem setzt die Bundesregierung stärker auf die direkte Unterstützung einzelner Länder bei deren Wende hin zu erneuerbaren Energien. Entsprechende Partnerschaften mit Ägypten, Indonesien und Kenia sind neu bekannt gegeben worden, mit Südafrika gibt es sie schon länger.
Was bleibt an Eindrücken von der Klimakonferenz?
Eine abgeschirmte Zone für Demonstrationen, heftige Preise für Wasser und Essen auf dem Gelände zu Beginn, Kühlschrank-Temperaturen in den Räumen und am Schluss noch Chaos bei den Verhandlungen: Die diesjährige Weltklimakonferenz hat auch abseits der Klimathemen Debatten entfacht. Protestaktionen gab es letztlich trotzdem auf dem Hauptgelände. Und die Deutschen beschwerten sich zwischenzeitlich beim Gastgeber Ägypten über eine Überwachung durch ägyptische Sicherheitsleute, die sich als Konferenzgäste ausgaben. Den Vorwurf wiesen Ägypter von sich.