Kurz vor Schluss der Klimakonferenz hat der Gastgeber in Dubai einen Entwurf für den Abschlusstext vorgelegt – der vielen missfällt. Gelingt es Deutschland und anderen Staaten, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas darin doch noch zu verankern?

– Kurz vor dem geplanten Ende der Weltklimakonferenz in Dubai wollen Deutschland, die EU und Dutzende weitere Staaten noch weitreichende Nachbesserungen am geplanten Abschlusstext durchsetzen. Den Entwurf des Gastgebers aus den Vereinigten Arabischen Emiraten von Montagabend stuften Außenministerin Annalena Baerbock und EU-Chefverhandler Wobke Hoekstra als enttäuschend und unzureichend ein. Vertreter von Umweltorganisationen äußerten sich teils fassungslos und empört. Hintergrund ist, dass der von mehr als 100 Staaten eingeforderte Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nun gar nicht mehr im Text auftaucht - anders als in vorherigen Versionen.

 

Die zweiwöchigen Verhandlungen der knapp 200 Regierungen sollen laut Plan an diesem Dienstagmittag enden. Wie fast immer in den vergangenen 20 Jahren könnte die Konferenz nun in die Verlängerung gehen. Baerbock sagte: „Es ist schwer, bis morgen Mittag hier zu einem Ergebnis zu kommen.“ Für die europäische Delegation sei das aber kein Problem. „Wir haben Zeit. Und wir sind darauf eingestellt, auch noch ein bisschen länger zu bleiben.“

Gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien hatten zuletzt etliche Länder Bedenken geäußert, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak, Indien und Russland.

Verfahrene Lage – Delegationschefs beraten

Am späteren Abend trafen sich alle Delegationschefs, um die verfahrene Lage zu besprechen. Hoekstra und die deutsche Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan kamen zudem mit der High Ambition Coalition zusammen – einer Gruppe von Industriestaaten und besonders verwundbaren Ländern, die mit Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise vorangehen möchte.

Hoekstra schrieb auf der Plattform X, das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel für die maximale Erderhitzung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit müsse am Leben erhalten bleiben. „Das verlangt die Wissenschaft, und das verdienen unsere Kinder.“ Der Chef-Verhandler der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Marshall-Inseln, John Silk, sagte, man sei nicht nach Dubai gekommen, „um unser Todesurteil zu unterschreiben“.

Dem Text fehlen nach Baerbocks Worten unter anderem konkrete Instrumente, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen und die nötige Energiewende gerade in vielen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas anzuschieben - was diese Staaten in Dubai stark eingefordert hätten. Und die Passage zu fossilen Energien suggeriere fälschlicherweise, dass Kohle, Öl und Gas in unserer Zukunft weiter eine entscheidende Rolle spielen könnten. „Selbst die Kohle-Verstromung wäre damit weltweit akzeptabel und auch ein Neubau von Kohlekraftwerken - was dann auch im Gegensatz zu europäischer Energiepolitik stünde.“

Vorstand von Greenpeace ist „wirklich fassungslos“

Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, sagte, er sei „wirklich fassungslos“, dass der Entwurf die Wünsche und Interessen der Öl- und Gasindustrie bediene, aber nicht der Menschen, die jetzt schon unter den Überschwemmungen und Dürren am meisten litten. Gerade beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, die über 100 Staaten eingefordert haben, sei der Entwurf sehr unverbindlich. „Er kann, wenn er so verabschiedet wird, diese Konferenz zum Scheitern bringen“, warnte Kaiser.

Von Anfang an hatte es viel Kritik daran gegeben, dass Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist, und dass gut 1400 Lobbyisten für Kohle, Öl und Gas offiziell akkreditiert wurden. Al-Dschaber sagte, die Zeit der Diskussionen gehe nun zu Ende, deutete am Abend aber ebenfalls an, dass er noch Nachbesserungen am Text erwartet. „Wir müssen noch viele Lücken schließen“, sagte er. „Wir müssen ein Ergebnis liefern, das die Wissenschaft respektiert und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite hält.“ Er erwarte von den Delegierten in allen Punkten höchste Ambition - „auch in Bezug auf die Sprache zu fossilen Brennstoffen“.

Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig sagte, in dem aus seiner Sicht schwachen Textentwurf fänden sich sogar die anderen angestrebten Ziele - eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz - nicht als Ziel wieder, sondern nur als mögliche Maßnahme. „So darf die COP28 nicht enden“, warnte er. Auch Viviane Raddatz, Klima-Chefin des WWF Deutschland, sagte, der Textentwurf enttäusche sehr und lasse befürchten, dass diese COP zu einem gigantischen Misserfolg führen könnte.