Greenpeace macht Pestizide vom Basler Chemiekonzern Syngenta für den weltweiten Massentod von Bienenvölkern verantwortlich.

Basel - Es war in aller Herrgottsfrühe, noch nicht einmal 7 Uhr, als sich ein Dutzend Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace am Hauptsitz des Agrochemiekonzerns Syngenta in Basel versammelte. Drei von ihnen kletterten die Fassade hoch und brachten ein 21 Meter langes und 9 Meter breites Banner an, auf dem in Englisch zu lesen stand, was die Botschaft des Tages sein sollte: „Syngenta-Pestizide töten Bienen“.

 

Greenpeace wollte mit dieser Aktion auf das für Bienen schädliche Syngenta-Pestizid Thiamethoxam aufmerksam machen. Die Umweltorganisation macht diesen Stoff für das weltweite Massensterben der Bienenvölker mitverantwortlich. Seit etwa 15 Jahren beobachten Forscher ein dramatisches Sterben der Bienenvölker, das zuerst in Nordamerika und Europa auftrat. Jedes Jahr sind nach dem Winter mindestens ein Drittel der Tiere verendet.

Die Biene – das drittwichtigste Nutztier des Menschen

Da aber die Honigbiene nach dem Rind und dem Schwein das drittwichtigste Nutztier des Menschen ist, wird diese Entwicklung als bedrohlich wahrgenommen. Der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen zufolge werden 71 Prozent aller Nutzpflanzen weltweit, die wiederum gut 90 Prozent der Nahrungsmittel stellen, von Bienen bestäubt. Als Gründe für den Bienentod wird vor allem die in den 1970er Jahren aus Asien eingeschleppte Varroamilbe genannt, die die Tiere befällt und aussaugt. Auch Mangelernährung sowie Viren und Pilze sind als mögliche Ursachen identifiziert.

Naturschützer aber erkennen immer mehr Anzeichen dafür, dass das Hauptübel für die katastrophale Entwicklung in Insektiziden zu sehen ist. Als im Jahr 2008 der Maiswurzelbohrer mit Clothianidin bekämpft wurde, gingen auch in der Rheinebene 11 500 Bienenvölker zugrunde.

Thiamethoxam – eines von sieben „Bienenkiller“?

Namentlich nennt Greenpeace die Syngenta-Pflanzenschutzmittel Actara und Cruiser, die den Wirkstoff Thiamethoxam enthalten. Ebenso wie die von Bayer produzierten Mittel Clothianidin und Imidacloprid gehören sie zur Gruppe der Neonicotinoide, die in der Landwirtschaft beim Anbau von Raps, Mais, Sonnenblumen und Zuckerrüben zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Zusammen mit Fipronil (BASF) und weiteren Mitteln anderer Hersteller stellen sie nach Greenpeace die weltweit „sieben schlimmsten Bienenkiller-Pestizide“. Die Gifte werden dabei entweder zur Saatgutbeizung eingesetzt oder direkt auf die Pflanze gespritzt. Die Bienen nehmen die Mittel vermutlich durch das ausgewaschene Regenwasser auf. Bei den Tieren verursachen sie laut Studien Navigationsstörungen, so dass sie nicht mehr in den heimischen Stock zurückfinden.

Eine Greenpeace-Studie und eine Untersuchung der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA hatte einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Neonicotinoiden belegt. Die EU-Kommission wollte deshalb diese Stoffklasse vom 1. Juli an verbieten. Dieses Verbot ist vorerst am Veto von Großbritannien und Deutschland gescheitert. Syngenta und Bayer hatten das Brüssler Abstimmungsergebnis mit Genugtuung aufgenommen. „Wir freuen uns, dass die EU-Mitgliedsstaaten den in beschämendem Maß politisch motivierten Vorschlag (. . .) nicht unterstützt haben“, sagte Syngenta-Vorstand John Atkin.

Chemiekonzerne wollen an Neonicotinoiden festhalten

Die Chemiekonzerne halten Neonicotinoide als Pflanzenschutzmittel für unverzichtbar . Die Studien seien übereilt und unwissenschaftlich verfasst worden. Vermutlich habe die EFSA unter politischem Druck gestanden und eine unangemessene Risikobewertung vorgenommen, kritisierten die Konzerne. Würden die Produkte vom Markt genommen, drohten der europäischen Landwirtschaft Ernteausfälle von 40 Prozent, die die EU bis 2017 gut 17 Milliarden Euro kosten würden. Greenpeace hält dem den jährlichen volkswirtschaftlichen Nutzen der Bienen entgegen: der liege dank ihrer Bestäuberarbeit bei 15 bis 22 Milliarden Euro. „Syngenta soll aufhören Unwahrheiten zu verbreiten“, sagte Marianne Künzle, Agrarexpertin bei Greenpeace Schweiz. „Syngenta geht es um den Profit statt um den Bienenschutz.“

Basel -