Die Wirtschaftskraft Chinas und der Länder südlich der Sahara wächst derzeit trotz Krise in der Ersten Welt. Dadurch werden die Milleniumsziele früher erreicht, als im Jahr 2000 erhofft.

Nairobi - Während die Erste Welt um ihre wirtschaftliche Zukunft bangt, werden aus den weniger entwickelten Regionen der Erde überraschende Erfolge gemeldet. Erstmals seit der Aufnahme statistischer Erhebungen seitens der Weltbank vor 30 Jahren ist selbst im „Armenhaus Afrika“ die Zahl der Menschen, die mit weniger als einem Euro am Tag auskommen müssen, in jüngster Zeit zurückgegangen. Das ist dem kürzlich veröffentlichten UN-Bericht zu den Millenniumszielen zu entnehmen: Damit wurde bereits lange vor dem Stichtermin das erste der acht Millenniumsziele erreicht, das die Halbierung der Zahl der Bettelarmen bis zum Jahr 2015 vorsah. Während in den Entwicklungsländern 1990 noch zwei Milliarden Menschen – oder 47 Prozent der Bevölkerung – von weniger als einem Euro täglich leben mussten, waren es im Jahr 2008 nur noch 1,4 Milliarden oder 24 Prozent – inzwischen ist der Anteil noch weiter zurückgegangen.

 

China senkt die Zahl der Bettelarmen von 60 auf 13 Prozent

Hauptverantwortlich für die erfreuliche Bilanz ist China, wo der Anteil der Bettelarmen von 60 Prozent im Jahr 1990 auf 13 Prozent im Jahr 2008 sank, in anderen südasiatischen Staaten wurde die Quote von 52 auf 26 Prozent halbiert. Inzwischen treffen die Erfolgsmeldungen jedoch auch aus den bislang eher hoffnungslosen Ländern südlich der Sahara ein: Dort fiel der Anteil der ganz Armen in den vier Jahren bis 2008 von 53 auf 48 Prozent – der „größte Rückgang in dieser Region, seit überhaupt Zahlen erhoben werden“, kommentiert die UN. Erstmals ging in diesem Zeitraum auch die absolute Zahl der Ärmsten zurück – und zwar von 395 auf 386 Millionen Menschen. Dieser Trend hat sich nach übereinstimmender Auffassung von Ökonomen in den vergangenen Jahren noch verstärkt, denn die Wirtschaftskraft der Staaten südlich der Sahara wächst derzeit durchschnittlich um mehr als fünf Prozent im Jahr. Verantwortlich für die Erfolge sind nach Auffassung der UN-Experten neben dem Wirtschaftswachstum Fortschritte bei der Gesundheitsfürsorge und der Schuldbildung sowie die verbesserte Regierungsführung in vielen afrikanischen Staaten.

Die Kindersterblichkeit unter fünf Jahren ist gesunken

Ein weiteres der acht Millenniumsziele, das bereits vor dem Stichtermin 2015 erreicht wurde, ist die Halbierung des Anteils der Weltbevölkerung ohne Zugang zu Trinkwasser. Zwischen 1990 und 2010 sollen zusätzliche zwei Milliarden Menschen über sauberes Wasser verfügen, heißt es in dem Bericht. Inzwischen können 89 statt wie 1990 nur 76 Prozent der Weltbevölkerung gesundes Wasser aus Leitungen oder Brunnen trinken.

Messbare Erfolge wurden auch im Gesundheitsbereich erzielt. Die Zahl der bereits in den ersten fünf Lebensjahren gestorbenen Kinder verringerte sich zwischen 1990 und 2010 von zwölf auf 7,6 Millionen: Selbst Afrikas Armutsstaaten südlich der Sahara schaffen es derzeit, die Kindersterblichkeitsquote um jährlich 2,4 Prozent zu drosseln. Auch der Kampf gegen Malaria und Tuberkulose wird mit zunehmendem Erfolg geführt. Im vergangenen Jahrzehnt ging die Zahl der Malariatoten um ein Viertel zurück, die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen wird nach Einschätzung von Experten bis zum Jahr 2015 halbiert werden können. Letzteres ist auch den Erfolgen bei der Aidsbekämpfung zuzuschreiben: Ende 2010 erhielten immerhin 6,5 Millionen HIV-Infizierte lebensrettende antiretrovirale Medikamente – bei der jüngsten Aidskonferenz in Washington wurde schon vom sich abzeichnenden „Ende der Aidspandemie“ gesprochen.

Schließlich gelang es den afrikanischen Nationen, deutlich mehr Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen. 2010 wurden 76 Prozent aller Kinder eingeschult, während es elf Jahre zuvor nur 58 Prozent waren. Beigetragen hat dazu vor allem die höhere Einschulungsquote von Mädchen. Fast jedes zweite Schulkind ist inzwischen weiblich – ein weiterer UN-Meilenstein, den die Weltbevölkerung noch vor dem Stichtermin passieren wird. Zwar gibt es weiterhin Bereiche – wie Müttersterblichkeit oder die Zahl von Slumbewohnern – in denen die bei der Jahrtausendwende gesteckten Margen noch in weiter Ferne liegen. „Ausgeschlossen ist es allerdings nicht, dass wir tatsächlich alle Ziele erreichen“, sagt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon optimistisch.