Er züchtet Kaninchen und liebt Kässpätzle: der 37-jährige Holger Kimmerle soll von nun an Botschafter des Landes sein.

Reutlingen - Holger Kimmerle kann tatsächlich alles außer Hochdeutsch. Er ist smart, sexy und sympathisch. Der 37-Jährige liebt die Natur, züchtet Kaninchen und isst für sein Leben gerne Kässpätzle. Der 1,97 Meter große Mann lebt in Oferdingen, einem Stadtteil Reutlingens und ist mit seiner Heimat eng verbunden. Kurzum, Holger Kimmerle ist der perfekte Repräsentant für seinen neuen Nebenjob als das "Gesicht Baden-Württembergs", das seit diesem Jahr fürs Ländle als Urlaubsland unter dem Motto "Wir sind Süden" wirbt.

 

Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen, seit Holger Kimmerle nach einem mehrwöchigen Casting des SWR-Fernsehens und der Tourismus Marketing Baden-Württemberg (TMBW) unter 300 Frauen und Männern zum "Gesicht Baden-Württembergs" gewählt wurde. Er lag bei der Schlussrunde unter vier Finalisten mit fast 40 Prozent klar an der Spitze. Das Leben des Schwaben aus Oferdingen hat sich seither gewaltig verändert. Er kann nicht mehr unerkannt zum Bäcker gehen, ohne von wildfremden Menschen angesprochen zu werden, die ihm gratulieren und auf die Schulter klopfen. Immer wieder muss der Hüne Autogramme schreiben und sich für ein Erinnerungsfoto in Pose stellen. Die Medien geben sich die Türklinke in die Hand.

Jung, dynamisch, aufstrebend

Das wird sich in Zukunft bestimmt nicht ändern. Im Gegenteil. Seit Anfang des Jahres ist Kimmerle offiziell als Sympathieträger für sein Heimatland unterwegs. Er präsentierte sich erstmals auf der CMT in Stuttgart, wo der fast zwei Meter große Mann im schicken Anzug unter den vielen Tausend Besuchern sofort ins Auge stach.

Stolz erzählt Kimmerle, dass mit seinem Gesicht die TMBW von Mai an die großangelegte Werbekampagne für das Urlaubsland Baden-Württemberg startet. Der Mann vom Rande der Alb strahlt dann auf allen Plakaten, Anzeigen und Flyern, die unter dem Motto "Wir sind Süden" fürs Ländle Reklame machen. Landestourismus-Chef Andreas Braun lobt seine Galionsfigur in den höchsten Tönen: "Holger Kimmerle ist jung, dynamisch und aufstrebend, so wie Baden-Württemberg auch." Inzwischen sind einige Firmen auf den Vorzeigeschwaben aufmerksam geworden. Der Werbevertrag mit einem Metzinger Herrenausstatter ist bereits unter Dach und Fach. Und das Fernsehen klopft ebenfalls an. Nach Gastauftritten in "Alarm für Cobra 11" (RTL), "Hausmeister Krause" (Sat1) und "Sturm der Liebe" (ARD) stand Kimmerle kürzlich für die Vorabendserie "SOKO Stuttgart" (ZDF) vor der Kamera. Dort mimte der 37-Jährige einen Schwimmmeister.

Sein Vorbild ist Arnold Schwarzenegger

Authentische Heimatliebe

Die Rolle in der Badehose ist ihm besonders leichtgefallen. Seit 20 Jahren trainiert der 115 Kilogramm schwere Mann mit Gewichten. Der Bodybuilder gewann 2005 in Deutschland den Titel Mr. Adonis, zwei Jahre später siegte er bei der Natural-Bodybuilding-Europameisterschaft in London. Inzwischen nimmt Kimmerle an keinen Wettkämpfen mehr teil, "um nicht tagtäglich die Kalorien zählen zu müssen", schmunzelt der Freund der schwäbischen Küche, der samstags regelmäßig in einem Metzinger (Kreis Reutlingen) Sportstudio anzutreffen ist. Dort arbeitet er als Fitness- und Ernährungsberater. Ob knappe Posinghose auf nackter Haut oder eleganter Anzug mit Krawatte: Kimmerle macht in beiden Outfits eine gute Figur.

Seine Brötchen verdient sich der 37-Jährige als Konstruktionsmechaniker in der Fachrichtung Feinblechbautechnik in Neuhausen auf den Fildern. Zwischendurch findet er immer noch Zeit, einem weiteren Hobby nachzugehen: Er züchtet Kaninchen im Kleintierzuchtverein Pliezhausen (Kreis Reutlingen) sowie im Loh- und Weißgranen-Club Württemberg-Hohenzollern in Unterensingen (Kreis Esslingen). Mit seinen Tieren ist er regelmäßig bei der Jungtierschau im Sommer und bei der Lokalschau im Herbst präsent. Über die Jahre hinweg hat er in diesem Bereich mehr Preise als im Bodybuilding eingeheimst. Aus Zeitgründen musste derVorzeigeschwabe die meisten Tiere inzwischen schweren Herzens abgeben. Zwei sind ihm geblieben: Bubeck, das Lohkaninchen schwarz, und Rocky, der Kleinwidder grau.

Erste Filmangebote aus den USA

An authentischer Heimatliebe fehlt es dem "Gesicht Baden-Württembergs" garantiert nicht. "Ich bin überglücklich, dass ich für mein Heimatland werben darf", sagt Kimmerle und strahlt dabei viel Freude aus. Seine Freundin Stefanie kommt ebenfalls aus dem Ländle. Auch da kann er so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Hochdeutsch ist nämlich nicht sein Ding. Kimmerles großes Vorbild neben Sylvester Stallone ist Arnold Schwarzenegger. Bislang verläuft die Karriere des Deutschen aus dem Schwabenland ähnlich wie die des Muskelmannes aus der Steiermark in Österreich: erfolgreicher Bodybuilder, touristischer Repräsentant mit Akzent für sein Bundesland, Nebenrollen im Fernsehen und erste Filmangebote aus den USA. Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Sprung in die Politik.

Und was sagt der schwäbische Schwarzenegger dazu? "Bisher ist noch niemand auf mich zugekommen. Aber wenn ein passendes Angebot kommt, warum nicht", sagt Kimmerle augenzwinkernd und eilt zum nächsten Fototermin.