Der umstrittene Bebauungsplan des Bodenseeufers in Kressbronn nimmt Gestalt an. Das Regierungspräsidium Tübingen sieht die Vorgaben beim Denkmalschutz weitgehend umgesetzt, sieht aber weiter Gesprächsbedarf. Im Januar entscheidet der Gemeinderat.

Kressbronn - Die Auseinandersetzung um die Bebauung des Areals der früheren Bodan-Werft geht weiter. Bei einer öffentlichen Anhörung am Dienstag gab es Diskussionen über die umgestaltete und erweiterte Planung eines Nürtinger Architekturbüros. Danach sind statt der geplanten 120 jetzt mehr als 140 Luxuswohnungen direkt am Bodenseeufer vorgesehen.

 

In der Kritik steht nach wie vor die sechsstöckige Geschossaufteilung, die nach Meinung von Hubert Max Schuh von der Bürgerarbeitsgruppe „absolut unüblich“ und am Bodenseeufer nicht genehmigungsfähig ist. Die Arbeitsgruppe ist eine von zwei Bürgerinitiativen, die gegen das Projekt des Investors Berthold Schmeh (Villingen-Schwenningen) angeht. Schmeh verfolgt bereits seit dem Sommer 2010 zusammen mit dem Werftbesitzer Robert Dittmann die Idee, an Stelle der Bodanwerft einen kleinen, feinen Stadtteil mit Uferpromenade hochzuziehen.

Dittmann hatte, anders als seine Vorväter, kein Interesse daran, die einzige Werft für Binnenschiffe in ganz Süddeutschland zu betreiben, obwohl er auf Jahre hinaus Kundschaft aus Baden-Württemberg, Bayern, der Schweiz und Österreich gehabt hätte. Aber Dittmann hatte auch Schulden von 16 Millionen Euro und ließ das Traditionsunternehmen Ende Dezember 2010 nach 90 Jahren in die Insolvenz gehen. 60 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz. Trickreich verhinderte Dittmann damals einen Sozialplan. Der Dritte im Bunde ist der Bürgermeister von Kressbronn, Edwin Weiß. Er wolle sich, so heißt es, in seiner letzten Amtszeit offenbar ein Denkmal setzen. Das Dreigespann aber hatte die Rechnung ohne die Bürger gemacht. Die protestierten, sammelten 1700 Unterschriften und machten eigene Vorschläge, wie das Bodenseeufer bebaut werden könnte – ohne den Investor Schmeh. Belohnt wurde dieses Engagement nicht, denn die Überlegungen blieben unberücksichtigt. Bürgermeister Weiss und der Gemeinderat halten bisher an Investor Schmeh fest.

Kein offener städtebaulicher Wettbewerb

Die ersten Planungen, die 18 Gebäude mit 180 Wohnungen direkt am Bodenseeufer vorsahen, waren jedoch voreilig. Wie sich herausstellte, hatten die Entwickler die Rechnung ohne das Regierungspräsidium gemacht. Das meldete prompt Bedenken gegen den Abriss des denkmalgeschützten Werftgebäudes an. Auch der Landschaftsschutz wurde ins Feld geführt.

Die alten Ideen mussten eingestampft werden. Einen offenen städtebaulichen Wettbewerb aber gab es auch danach nicht. Statt dessen wurde das Nürtinger Architekturbüro Weinbrenner-Singer-Arabzadeh mit einer Konzeptstudie beauftragt. Danach müssen einige alte Gebäude weichen, aber in drei Werfthallen werden Gebäude mit eingebaut. Die geplanten Wohnhäuser kamen in die zweite Reihe.

Nach einer ersten Präsentation im September und erneuten Einwänden des Regierungspräsidiums wurde das Konzept nochmals überarbeitet. Der zuständige Abteilungsleiter Tobias Schneider ist nun zufrieden und sieht die Vorgaben des Denkmalsschutzes weitgehend umgesetzt. Doch nicht nur der Kritiker Schuh fragt sich, ob der Charakter der ehemaligen Werfthallen tatsächlich erhalten geblieben ist, wenn sie zu Hausdächern umfunktioniert werden.

Quadratmeterpreis von 6000 Euro

Es gibt noch weitere strittige Fragen. Die neue Planung bedeutet einen Eingriff in ein Landschaftsschutzgebiet. Die Gemeinderätin und Projektgegnerin Martina Knappert-Hiese sagt, die Belange des Landschafts- und Naturschutzes seien „nie wirklich im Rat diskutiert worden“, ebenso wenig wie die Frage der Eigenentwicklung.

Dabei geht es darum, ob der neu geschaffene Wohnraum den rund 8300 Bürgern von Kressbronn zu Gute kommen wird oder vielleicht doch eher Millionären aus der Stuttgart, München oder der Schweiz. Bei Quadratmeterpreisen von 6000 Euro ist es nur schwer vorstellbar, dass viele Kressbronner sich so eine Immobilie werden leisten können. Das Regierungspräsidium hat auch in diesem Punkt Gesprächsbedarf angemeldet.