Nach den jüngsten Enthüllungen über Mängel im Brandschutz des geplanten Tiefbahnhofs fordert Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) umgehende Aufklärung. „Die Nachbesserungen muss die Bahn bezahlen“, sagt er im Interview.


Stuttgart – Herr Hermann, hat die Bahn beim Stuttgarter Tiefbahnhof auf Kosten der Sicherheit gespart?
Zunächst einmal muss man anerkennen, dass sich die Bahn einer Überprüfung ihres Brandschutzkonzepts gestellt hat. Das erschreckende Ergebnis lautet aber leider, dass die Maßnahmen gemessen an den heutigen Standards überhaupt nicht ausreichen.

Wie bewertet das Verkehrsministerium die nun zu Tage getretenen Defizite beim Brandschutzkonzept?
Wir kennen bisher nur das Schreiben, das durch die Medien gegangen ist, und brauchen vor einer Einschätzung dringend weitere Informationen von der Bahn. Offensichtlich geht es aber um gravierende Sicherheitsmängel und Unzulänglichkeiten, durch die im schlimmsten Fall Menschenleben bedroht sind. Es darf doch nicht wahr sein, dass etwa die Evakuierungszeiten viel zu lang und die Fluchtwege zu schmal sind.

Wie kann der Bau des neuen Bahnhofs bei solchen gravierenden Mängeln überhaupt planfestgestellt und genehmigt worden sein?
Das wird noch zu prüfen sein. Einerseits haben zum Zeitpunkt der Planfeststellung andere Bestimmungen gegolten, die Standards sind ja in den letzten Jahren erhöht worden. Dann wird in der Bewertung des Konzepts eben genau auf jene Schwächen hingewiesen, die schon lange bekannt sind und zuletzt auch bei der Schlichtung kritisiert wurden. Also die vielen Engpässe bei den Aufgängen beispielsweise. Die Bahn hatte zugesagt, diese Punkte zu verbessern, aber sie hat ganz offensichtlich zu wenig getan.

Das Land und die anderen Projektpartner kritisieren die mangelhafte Informationspolitik der Bahn schon lange Zeit. Ist das jetzt der bisherige Tiefpunkt in der „Zusammenarbeit“?
Es ist ein Unding, dass wir aus der Zeitung davon erfahren und uns die Unterlagen von Journalisten besorgen müssen. Es hat nach Eingang der Expertise bei der Bahn ein Treffen gegeben, in der die Bahn-Vertreter kein Wort dazu gesagt haben. Die Bahn hat wieder mal nicht gehalten, was sie versprochen hat.

Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus der Expertise, die das Konzept als „weder funktions- noch genehmigungsfähig“ bezeichnet?
Wir werden das Thema beim Lenkungskreis am 22. Oktober als ersten Punkt auf die Tagesordnung setzen. Wir wollen einen exakten Bericht, was das Gutachten bedeutet und welche Auswirkungen das Ganze auf die Kosten und den Zeitplan hat.

Billiger und früher fertig wird S 21 nicht werden.
Wohl kaum. Aber es ist Aufgabe der Deutschen Bahn, einen funktionsfähigen und sicheren Bahnhof hinzustellen, der alle Standards erfüllt. Das Land wird für die Nachbesserungen keinen Cent dazugeben.