Wer mit heilen Knochen über das Glatteis kommen will, kann mit Hilfsmitteln eventuell Stürze vermeiden. Besonders modisch ist das aber nicht.  

Stuttgart - Bei Schnee und Glatteis gibt es für den motorisch durchschnittlich begabten Fußgänger eigentlich nur drei Möglichkeiten: zu Hause bleiben, bereits im Sommer an einer ausgefeilten Sturztechnik arbeiten oder man greift zu einem patenten Produkt gegen die gefürchtete Rutschpartie. Der Markt an Hilfsmitteln ist recht groß. Wer begibt sich schon freiwillig aufs Glatteis?

 

Es gibt zum Beispiel Schneeketten für die Füße, spezielle Spike-Vorrichtungen, die man sich um die Schuhe gurten kann, aber auch Grip-Überzieher. Diese Überzieher lassen sich, und das ist schon ihr erster Vorteil, gut in der Handtasche transportieren. Natürlich kann man sie auch einfach ins Handschuhfach oder in die Aktentasche packen. Denkbar wäre auch, die geländegängige Outdoorvariante zu wählen und sich die 230 Gramm leichten Überzieher in der mitgelieferten Hülle mittels eines Karabinerhakens von der Hüfte baumeln zu lassen.

Das Abenteuer "Test" kann jedenfalls beginnen. Übergezogen sind die Gummizughüllen mit dem fetten Reflektorstreifen, die den Träger auch bei Dunkelheit von Weitem aufblitzen lassen, schnell. Im Test kommen sie über Damenlederstiefel mit einem 3,5 Zentimeter hohen Blockabsatz zum Einsatz. Die Rubrik Aussehen muss an dieser Stelle allerdings entfallen. Unter dem modischem Aspekt braucht für diesen Test keines der genannten Hilfsmittel an den Start zu gehen. Da sich die Grip-Überzieher aber dem Schutz von Leib und Leben verschrieben haben, sei den Designern verziehen. Immerhin sollen sie die Schuhe, zu denen Frau bekanntlich eine ganz besondere Beziehung hat, vor Nässe, Schmutz und fiesen Salzrändern schützen. So weit die rationale Seite. Jetzt die emotionale: besser ist es, wenn man beim Feldversuch keinem Karl Lagerfeld begegnet. Obwohl: nachtschwarz sind sie ja immerhin, die Überzieher, das wiederum könnte dem Modemacher gefallen. Die Unterseite der Überzieher erinnert an Schmirgelpapier, scheint aber robuster - zumindest lassen das die ersten, wollefressenden Gehversuche auf dem Teppich im Flur erahnen. Gut, das ist ein klassischer Anwenderfehler: für einen Spaziergang in Innenräumen sind die Überzieher natürlich nicht gedacht. Also dasselbe Prozedere noch einmal, diesmal draußen vor der Tür, auf einem Bein balancierend.

Die Überzieher überzeugen

Und dann rein ins glitschige Vergnügen. An einem Tag wie diesem jagt man zwar normalerweise nicht einmal Hunde vor die Tür, für den Test aber ist er perfekt: bitterkalt, von oben her nass, und auf der Straße durchaus rutschig. Jetzt darf die körnig-raue Granulatsohle, die laut Hersteller Bodenhaftung gewährleisten soll, mal zeigen, was sie kann. In der Tat scheint sie rutschhemmend zu sein. Die ersten vorsichtig watenden Schritte funktionieren unfallfrei. Dynamisch ausholen will der Fuß dennoch nicht - aber eigentlich könnte er. Bis zum Ende des Spaziergangs funktionieren die Schuhhüllen dann tatsächlich ohne das geringste Ausgleiten.

Ein sturzerprobter Hundebesitzer, der auch des Weges kommt, blickt sogar recht neidisch auf die, mittlerweile schon etwas eingesauten, Überzieher. Was er selbst an den Füßen trägt, toppt allerdings die Testungetüme. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass sich der Hundefreund ausgediente, selbst gestrickte Socken über die Stiefel gezogen hat. Selbst der wohlmeinendste Blick hätte niemals Socken hinter den unförmigen Wolllappen vermutet. So richtig lange halten würden sie auch nicht, erklärt der Hundefreund. Pro Eissaison brauche er an die 20 Paar. Was aber wiederum kein Problem sei: zu Hause habe er dank lieb gemeinter, aber ungeliebter Sockengeschenke zu Weihnachten noch eine Ausrüstung für die kommenden zwölf Jahre. Hektor, sein voluminöses Haustier, sieht allerdings nicht aus, als ob ein paar ausgeleierte Wollfäden an Herrchens Füßen seinen Ritt über das Eis stoppen könnten.

Die Überzieher überzeugen einfach mehr. Im Gegensatz zur Schmuddelwolle-Konstruktion des Hundefreundes bleiben die Schuhe unter den Überziehern relativ sauber. Möglich macht es das Wasser abweisende Gewebe aus Polyetrafluorethylen (PTFE), das die Schuhe schützen soll. Die Überzieher selbst sind einfach unter fließendem Wasser zu reinigen und trocknen dann dank ihrer modernen Hightechfaser auch relativ schnell wieder.

Wer künftig also nicht mehr wie auf rohen Eiern durch den Winter huschen mag, für den könnten die Überzieher eine ernsthafte Alternative sein. Geliefert werden sie von XS bis XXL. Ihr großzügiger Schnitt macht es theoretisch auch möglich, die Überzieher auf Gummi- oder Wanderstiefeln zu benutzen. Wie lange die Granulatsohle hält, konnte in diesem Feldversuch aufgrund der milden Wetterfront nicht überprüft werden. Bei einem Preis von circa 25 Euro könnten sie aber durchaus ihr Geld wert sein, wenn sie dafür Hals- und Beinbruch vorbeugen.

Die Bewertung

***

* = Pleite, ** = Netter Versuch, *** = Zweckmäßig, **** = Überzeugend, ***** = Klasse!

Die Überzieher gibt es im Internet unter grips-schuh.de oder bei www.proidee.de