In dieser Kolumne berichten StZ-Kollegen außerhalb des Sportressorts, was ihnen zur WM einfällt. Diesmal enthüllt Julia Schröder einen Geheimplan der Fifa und schlägt vor, es mal mit der Methode „Asterix als Gladiator“ zu versuchen.

Stuttgart - Dieses Turnier erfordert übermenschliche Anstrengungen: Moderatoren und Zuschauer, Reporter und Kolumnisten schweben nach drei Wochen WM voller Nachtschichten und Verlängerungskrimis, voller Poschmann-Phrasen, Brazzo-Bramarbas und Scholli-Schmonzetten in einer Blase aus Schlafmangel, Anspannung und Spielpausen-Turkey, im Limbus des schleichenden Fußballwahnsinns. Denn Nicht-Hingucken ist ja auch keine Lösung.

 

Obwohl: dieser Tage wurde ich Zeugin, wie jemand sich rühmte, er schaue immer nur die erste Halbzeit, er merke ja später am Hupen, wer die Partie gewonnen habe. Des Schwaben Fleiß wird nur von seinem Einfallsreichtum beim Sparen übertroffen, in diesem Fall von Strom und Nerven.

Von beidem ging zuletzt ganz schön viel drauf. Immerzu Verlängerung, immerzu Elfmeterschießen, die Nüsschen längst alle, das Bier schal, die Augenringe klaftertief – muss das sein? Zuschauer, die den letzten Bus verpassen, Trainer, die adrenalinsprühend mit Ordnern und Unparteiischen in Händel geraten, weil der Einwurf zu lang dauert, und, ach ja, Spieler, die stehend k.o. über den Rasen torkeln oder gleich umfallen, sowie Tore, die unter normalen Umständen nie und nimmer erzielt worden wären – wollen wir das wirklich haben? Wäre das alles nicht anders zu lösen?

Vielleicht lieber „Schnick Schnack Schnuck“?

Aber freilich. Schlag nach bei Goscinny und Uderzo! Die haben im Comic-Abenteuer „Asterix als Gladiator“ eine sehr schöne Alternative zum blutigen Kampf bis zum Tod in der Arena entwickelt, die von Asterix folgendermaßen anmoderiert wird: „Moment mal! Die Gladiatoren wollen statt des langweiligen Löwenspielchens mal etwas Neues machen. Das gefällt sicher auch den Zuschauern!“ Und dann geht es los mit „Ja, nein, schwarz und weiß“. Naja, Sepp Blatter, Pardon, Julius Caesar macht dem schnell ein Ende, und schließlich muss Obelix es richten. Aber trotzdem.

Die Cartoonisten Katz & Goldt haben das denn auch soeben auf die aktuellen Ereignisse in Brasilien übertragen („Verlängerung und Elfmeterschießen gehen manchem auf die Nüsse“) und schlagen unter anderem vor, „Schnick Schnack Schnuck“ an der Mittellinie zu spielen.

Zwei Halbzeiten zum Warmlaufen

Das wird nicht geschehen. Und mit gutem Grund. Die Wahrheit ist nämlich: nur noch blutige Anfänger (und Thomas Müller) versuchen, das Spiel in 90 Minuten zu entscheiden, die wahren Profis nutzen die ersten beiden Halbzeiten zum Warmlaufen, wobei auch beratungsresistente Publikumslieblinge, international spielende Diven und hoffnungsvolle Nachwuchskräfte der Galerie etwas bieten dürfen, während die Mannschaft drumherum Standardsituationen trainiert, frühes Stören übt und das taktische Foul perfektioniert, alles im Sinne der Weiterbildung des Zuschauers. Eine Viertelstunde vor dem Schlusspfiff werden Publikumslieblinge, Diven, Nachwuchskräfte aus dem Spiel genommen, möglichst mit einer Verletzung, wegen der Credibility. Und in der Verlängerung wird – „for the Game, for the World“ – der Kampf bis zur totalen Erschöpfung schweißglänzender Männerkörper samt glücklichem Sieg und tragischer Niederlage auf zweimal 15 Minuten eingedampft. Und wenn richtige Vollprofis spielen, dann halten die das 1:1 bis zum Elfmeter-Spektakel.

Der spar- und arbeitsame Schwabe ist auf halbem Weg stecken geblieben. Beide Halbzeiten nicht anschauen und erst zum eigentlichen Spiel einschalten, das wäre wahre Kennerschaft. Die Verlängerung abschaffen? Niemals! Die Fifa soll insgeheim planen, die anderthalb Stunden davor von Cheerleadern bestreiten zu lassen. Die Spieler könnten sich derweil in der Kabine mit Zirkeltraining ins Schwitzen bringen, um zur Verlängerung hinreichend erschöpft auf den Platz zu taumeln.