Die gemeindeeigene Wohnbaugesellschaft in Weissach hat zuletzt am Bedarf vorbei gebaut.

Weissach - Im vergangenen Jahr hat die kommunale Wohnbau Weissach GmbH (WWG) ihr erstes Bauprojekt nach der Umfirmierung 2018 fertiggestellt: das Wohnhaus in der Talstraße 23 mit sechs Wohneinheiten. Allesamt öffentlich gefördert „und mit deutlich verringerter Miete“, wie Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) berichtet. Töpfer, als Bürgermeister gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der gemeindeeigenen Wohnbaugesellschaft, betont, dass die Wohnungen ausschließlich an Personen mit Wohnberechtigungsschein vermietet wurden. Erfreulich auch: Das Projekt, das ursprünglich mit rund 1,41 Millionen Euro budgetiert war, schlug am Ende dem Rathauschef zufolge nur mit 1,31 Millionen Euro zu Buche. „Gründe dafür waren die sehr enge Baubegleitung durch das Architekturbüro und Optimierungen während des Bauverlaufs“, betont der Bürgermeister. So weit, so gut.

 

Doch mit dem Jungfernprojekt der WWG sind aktuell beileibe nicht nur gute Nachrichten verbunden: Geschäftsführer Hans Heinzmann musste jüngst bei der Vorstellung des Jahresabschlusses vor dem Gemeinderat nicht nur verkünden, dass die Wohnbaugesellschaft im Geschäftsjahr 2019 nach einem Vorjahresfehlbetrag von rund 202 000 Euro im vergangenen Jahr mit 53 123 Euro erneut ins Minus gerutscht ist. „Für uns alle gemeinsam war es auch überraschend“, sagte Heinzmann, „dass es wohl gar nicht so viele Bewerber gab.“ Gemeint waren: berechtigte Interessenten für die öffentlich geförderten Wohnungen in der Talstraße 23, deren Mieten für den Zeitraum von 30 Jahren 33 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen müssen.

2017 waren die Sozialwohnungen beschlossen worden

Wie Töpfer konkretisierte, „gingen nur drei der Wohnungen an Familien aus Weissach, die anderen mussten wir an Auswärtige vermieten, die vorher in anderen Gemeinden lebten und dort schon Sozialleistungen bezogen haben“. Für den Bürgermeister ist genau das jedoch nicht Sinn und Zweck einer kommunalen Wohnbaugesellschaft, die den örtlichen Bedarf im Fokus haben sollte: „Es wurde mit dem Projekt deutlich, dass der vermeintlich hohe Bedarf an sozialem Wohnraum in Weissach gar nicht vorhanden ist.“ 2017 hatten freilich sowohl die große Mehrheit der Gemeinderäte als auch der Bürgermeister selbst dem Bau in der Talstraße mit sechs Sozialwohnungen zugestimmt. Töpfer sagte, dass es ihm damals vor allem darum ging, dass die gemeindeeigene Wohnbaugesellschaft nach der Umfirmierung wieder „Aktivität entfalten sollte“.

Noch einmal will die Gemeinde jedoch nicht am Bedarf vorbeiplanen: In dem seit Januar dieses Jahres im Bau befindlichen Wohnhaus in der Flachter Straße sollen von den 14 geplanten Wohnungen nur noch vier leicht vergünstigt angeboten werden. Zielgruppe dieser vier Wohneinheiten seien Weissacher, die zu viel verdienten, um Sozialleistungen zu beziehen, aber „gleichwohl nicht in dem Maße, dass sie 13 oder 14 Euro je Quadratmeter Miete bezahlen können“, so Töpfer. Hier erwarte man deutlich mehr Nachfrage. Kernaufgabe der WWG, so der Bürgermeister, sei die Schaffung von Wohnraum, unabhängig davon, ob „sozial, normal, Eigentum oder Miete“. Die zehn anderen Wohnungen in der Flachter Straße gehen in den Verkauf.

Großer Verlust der WWG

Mit dem Jahresfehlbetrag von rund 53 000 Euro im Geschäftsjahr 2019 steigt der Bilanzverlust der WWG auf insgesamt mehr als acht Millionen Euro. Der neuerliche Verlust, der laut Planung eigentlich ein Überschuss von 35 000 Euro hätte sein sollen, ist vor allem Altlasten aus der Zeit der Vorgängergesellschaft Kommbau geschuldet. Die 2002 in Weissach zu Zeiten üppig sprudelnder Steuereinnahmen gegründete Kommbau war vor allem wegen ihrer umstrittenen Vergabe-Praktiken immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Der millionenschwere Bilanzverlust entstand, erklärte Töpfer, der seit 2014 Bürgermeister in Weissach ist, vor allem durch den Bau zweier Pflegeheime und zweier Restaurants. Eben einer dieser beiden Gastronomiebetriebe, die „Ratsstuben“ direkt neben dem Rathaus, musste jüngst überraschend aufwendig saniert werden, was 2019 mit zusätzlich rund 160 000 Euro die Kasse belastete.

Weil Verlustemachen nicht verboten ist und in den Büchern der WWG ansonsten laut den Wirtschaftsprüfern nichts zu beanstanden war, erhielten Aufsichtsrat und Geschäftsführung in der jüngsten Sitzung vom Gemeinderat gleichwohl die Entlastung. Kuriose Randnotiz: Insgesamt 13 Gemeinderäte und der Bürgermeister mussten sich vor der Abstimmung als aktive oder ehemalige Aufsichtsratsmitglieder der Wohnbaugesellschaft für befangen erklären, sodass lediglich ein Rumpfgremium die Entlastung herbeiführte.