Im Benjamin-Franklin-Village in Mannheim haben die Amerikaner viele leer stehende Wohnungen zurück gelassen. Die Stadt hat dafür große Pläne und auch schon Investoren gefunden. Die Flüchtlingskrise könnte ihr einen Strich durch die Rechnungen machen.

Mannheim - Knapp drei Jahre lang haben sich Fachleute und Bürger in Mannheim die Köpfe über die künftige Nutzung der ehemaligen US-Wohnsiedlung Benjamin-Franklin-Village im Norden der Stadt zerbrochen. Es wurden Investoren und Architekten-Wettbewerbe durchgeführt. Etwa fünf Millionen Euro sind nach Angaben des Konversionsbeauftragten der Stadt, Konrad Hummel, bisher in die Planungen für die künftige Nutzung des 300-Hektar-Areals geflossen. Seit knapp einem halben Jahr steht das städtebauliche Konzept; vorgesehen ist im ersten Schritt die Umwandlung des Zentrums der Siedlung in ein neues lebendiges Stadtviertel mit 2000 bis 3000 Wohnungen. Auf Dauer sollen es gut doppelt so viele werden. Rund 20 Investoren wollen aktiv werden. Die ersten Baufelder sind bereits vergeben.

 

Doch vor drei Wochen hat die Bundesimmobilienanstalt die Unterzeichnung des Kaufvertrags mit der Stadt für das Gelände in letzter Minute abgesagt. Man habe in der ehemaligen US-Siedlung im Moment „andere Prioritäten“, hat die Behörde dem Rathaus mitgeteilt.

Gerüchteküche brodelt

Wie es weitergeht, ist völlig offen. „Da brodelt die Gerüchteküche“, sagt Hummel. Zunächst habe es geheißen, der Bund habe vor, in „Benjamin Franklin“ gemeinsam mit dem Land ein bundesweites zentrales Verteilzentrum für Flüchtlinge einzurichten. Davon sei momentan zwar nicht mehr die Rede, doch bestehe nach wie vor die große Gefahr, dass Bund und Land in der Siedlung weit mehr Platz als für die – derzeit dort lebenden 4000 – Flüchtlinge beanspruchen werden. „Im Moment steht es Spitz auf Knopf“, sagte der Mannheimer Konversionsbeauftragte auf Anfrage. „Unsere Sorge ist groß, dass der Bund die Siedlung einfach volllaufen lässt – und damit ein Stadtentwicklungsprojekt für den Bau von regulären Wohnungen und für die künftige Integration von Flüchtlingen kaputt gemacht wird.“

Der neue Stadtteil sei „eine große Chance für Mannheim“, mahnte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) bei einer Pressekonferenz. Nun müssten Bund und Land auch das Ihre dazu betragen, dass man die Konversion dort voranbringen könne. „Dafür ist eine „zeitnahe Freigabe des Geländes erforderlich“, sagte er. Die Stadt sei unabhängig davon weiter zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit.

Ein Teil von ihnen könne in der neuen Siedlung integriert werden, doch für die Unterbringung im größeren Maßstab sollten Bund und Land besser die 50 Hektar große und gleichfalls leer stehende Spinelli-Kaserne nutzen. „Es ist ja nicht so, dass es keine Alternative gäbe – auf dem Spinelli-Gelände wäre die Grundversorgung einer großen Zahl von Flüchtlingen sogar einfacher“, meinte Hummel.

Investoren schreiben Kretschmann

Die Investoren, die auf Benjamin-Franklin bauen wollen, haben sich an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gewandt und ihn gebeten, sich beim Bund für den Abschluss der Kaufverhandlung in Mannheim einzusetzen. „Wir begleiten den Konversionsprozess seit langer Zeit intensiv, wir haben konkrete Bauplanungen vorgenommen und sind überzeugt, dass hier schon in den nächsten Jahren ein zukunftsfähiges Wohnquartier entsteht“, heißt es in ihrem Brief. „Dies sehen wir durch die aktuelle Entwicklung gefährdet.“ Dabei, schreiben die Investoren weiter, „sind nicht die Flüchtlinge unser Problem, sondern die nicht gesteuerte uferlose Entwicklung und die qualitativ riskante Unterbringung.“

Die Mannheimer CDU hat indessen die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Interessen der Stadt Mannheim einzusetzen und den baldigen Ankauf der Siedlung zu ermöglichen. Das Großprojekt dort sei zum Scheitern verurteilt, wenn die Siedlung vom Land dauerhaft zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werde, warnte die Partei. „Die bayrische Staatsregierung ist der Stadt Bamberg, die in einer vergleichbaren Situation ist, sofort beigesprungen“, heißt es in einer Resolution des Kreisverbands. „Grün-Rot in Stuttgart hat bisher nichts Vergleichbares getan und Mannheim in dieser schwierigen Situation im Stich gelassen.“