In Zukunft soll der Vermieter die Provision für die Maklerdienstleistung bezahlen. Davon würden die Mieter in Ballungsräumen wie Stuttgart profitieren. Die Wohnungsvermittler allerdings hegen Befürchtungen.

Stuttgart - Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin haben sich CDU/CSU und SPD des Themas Wohnen angenommen. Geplant ist, die Mieter finanziell zu entlasten. Neben der sogenannten Mietpreisbremse, die Preissprünge nach einem Mieterwechsel begrenzen soll, haben sich die Partner in spe mit den Maklern und deren Provisionen beschäftigt.

 

„Bei den Maklergebühren gilt der Grundsatz: Wer bestellt, bezahlt.“ Dieser Satz stammt vom Bundestagsabgeordneten Florian Pronold, Verhandlungsführer der SPD. Seiner Ansicht nach sollen die Vermieter, die einen Makler mit der Vermittlung einer Wohnung beauftragen, diese auch dafür bezahlen. Während der Mieterverein Stuttgart den Vorstoß aus Berlin begrüßt, lehnt die Mehrheit der Makler das Bestellerprinzip ab. Günter Schönfeld, Geschäftsführer von Wüstenrot Immobilien mit Sitz in Stuttgart, hält es für einen „erheblichen Eingriff in die Vertragsfreiheit“. Rechtsstreitigkeiten würden dadurch Tür und Tor geöffnet, meint er.

Warnung vor zunehmenden Rechtsstreitigkeiten

In Stuttgart ist es üblich, dass derjenige den Makler bezahlt, der auf Wohnungssuche ist, also der angehende Mieter – egal, ob er den Makler mit einer Suche beauftragt hat oder nicht. So ist es auch in anderen Ballungsräumen die Regel, wo Wohnraum sehr begehrt und entsprechend knapp ist. Ganz anders verhält es sich hingegen in strukturschwachen Regionen „Dort zahlt der Vermieter schon heute die Provision“, sagt Schönfeld, „die bewährte Praxis wird jetzt ausgehebelt.“ Aus Sicht des Immobilienexperten stellt sich folgende Frage: „Sind private Vermieter, die ohne Makler vermieten wollen, fachlich in der Lage, die Dienstleistungen der Makler in vergleichbarer Qualität zu erbringen?“ Engagiere ein Hausbesitzer keinen Makler, müsse er selbst geeignete Mieter auswählen, die Verträge aufsetzen, Besichtigungen anbieten und Wohnungsabnahmen vornehmen. Günter Schönfeld prognostiziert, dass künftig mehr Mietverträge vor Gericht landen werden. Ohnehin werde das Bestellerprinzip nichts daran ändern, dass es zu wenig preisgünstige Mietwohnungen in der Landeshauptstadt gebe.

„Die kleinen Maklerbüros können bald alle schließen“, warnt Andrea Schönleber. Sie ist Geschäftsführerin der gleichnamigen Stuttgarter Firma mit vier Mitarbeitern. „Die Vermieter werden sich den Makler häufig sparen oder ihre Immobilien schlicht gar nicht mehr vermieten.“ Dass sich die Situation der Wohnungssuchenden in Stuttgart aufgrund des geplanten Gesetzes ändert, kann Andrea Schönleber nicht erkennen: „Die Eigentümer werden den Aufwand gering halten, Massenbesichtigungen durchziehen und ihr Eigentum schlicht an den Meistbietenden vermieten.“ Die Maklerin kann sich zudem vorstellen, dass Eigentümer sich das Geld für die Maklerprovision künftig an anderer Stelle von den Mietern zurückholen. „Entweder wird grundsätzlich eine höhere Miete vereinbart – oder es entsteht ein Graumarkt, auf dem Zahlungen für Küchennutzung, Einzug und Ähnliches geleistet werden müssen.“

Derzeit liegt die Obergrenze für die Courtage, die ein Makler bei erfolgreichem Vertragsabschluss einfordern kann, bei zwei Nettokaltmieten plus Mehrwertsteuer. An einer Wohnung, die netto 1000 Euro pro Monat kostet, verdient er somit maximal 2380 Euro Provision.

Ruf nach einem geschützten Berufsstand

Schönleber hält es für sinnvoller, anstelle der Provisionszahlungen den Berufsstand selbst zu regulieren. „Makler müsste ein geschützter Beruf werden“, sagt sie und schlägt vor: „Erst nach drei bis fünf Berufsjahren sollten sich Menschen Makler nennen dürfen. Da würde man das Problem der schwarzen Schafe an der Wurzel packen.“

Auch bei einem der größten Stuttgarter Maklerbüros sieht man das geplante Gesetz eher kritisch. „Hier wird eine Berufsgruppe gesetzlich beschnitten“, sagt Volker Zeller, Makler und Anlagespezialist bei Hildenbrandt Immobilien. Aus seiner Sicht sollen Makler beide Seiten, Eigentümer und Wohnungssuchende, zusammenbringen. Auch er sieht die Gefahr, dass künftige Mietverträge nicht immer gesetzeskonform sein könnten: „Die Vorschriften sind nicht einfach zu durchschauen. Die Qualität der Verträge wird ohne Makler leiden“, urteilt Zeller.

Unterstützung kommt vom Mieterverein

Ganz anders bewertet der Vorsitzende des Stuttgarter Mietervereins die Pläne. „Ich bin sehr angetan davon, dass dieser sinnvolle Vorschlag offenbar bald umgesetzt wird“, sagt der Vereinsvorsitzende Rolf Gaßmann. Aus seiner Sicht ist es ein Scheinargument, dass die Eigentümer die Maklerkosten künftig mit höheren Mieten kompensieren können. Zum einen würde ohnehin schon verlangt, was der Markt hergebe. „Zum anderen wird die angekündigte Mietpreisbremse Auswüchsen einen Riegel vorschieben“, hofft er. Nach Gaßmanns Meinung mehren sich die Beschwerden über Makler in den Beratungen des Vereins: „Die Menschen beklagen, dass sich die Makler ohnehin allein für die Eigentümer einsetzen und den Mieter durchleuchten. Die Bewerber fühlen sich häufig verschaukelt.“

Der Vereinsvorsitzende geht davon aus, dass Mieten künftig günstiger wird: „Vermieter werden nicht freiwillig den Höchstbetrag von zwei Kaltmieten bezahlen“, sagt er und fügt an: „Umziehen ist doch schon teuer genug. Die Mieter müssen neben der Einrichtung auch noch eine Kaution bezahlen. Da ist es gut, dass die Provision nicht mehr dazukommt.“