Einmal im Leben ein Narr sein: Das hat sich wohl Wolfgang Thierse gedacht, als er am Mittwoch in Rust die Narrenschelle entgegennahm. Für seinen Auftritt im Schwäbischen erntet der Politiker Lacher und Sympathien.

Rust - Wolfgang Thierse ist an diesem Abend ein Narr. Der Berliner SPD-Politiker und Bundestagsvizepräsident wagt sich in die „Höhle des Löwen“. Seine kritischen Äußerungen über Schwaben in Berlin haben die Gemüter erhitzt und international Schlagzeilen gemacht. Am Mittwochabend erhält er dafür im Europa-Park im badischen Rust bei Freiburg die Goldene Narrenschelle der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN). Thierse macht den Spaß mit. Und schunkelt den Streit beiseite.

 

„Ich nehme an so vielen ernsten Sitzungen teil. Da komme ich gerne auch mal in eine unernste Sitzung“, sagt Thierse und steigt in die Bütt. Er stellt sich dem derben Humor der Kostümierten und lacht auch über sich selbst: „Der Schwabe kann alles außer Hochdeutsch. Ich kann nichts außer Hochdeutsch.“

Thierse erntet Sympathien

Für seinen Auftritt erntet Thierse bei den Schwaben Lacher und Sympathien. Der 69-Jährige scheut sich auch nicht vor einer Polonaise durch den Saal. Er führt sie sogar an. Und schunkelt mit Schlagersänger Tony Marshall.

Thierse hatte sich in einem Interview darüber geärgert, dass Brötchen in seinem Berliner Heimatbezirk Prenzlauer Berg inzwischen Weckle statt Schrippe genannt und der Pflaumenkuchen zum -datschi werde. „In Berlin sagt man Schrippen - daran könnten sich selbst Schwaben gewöhnen.“ Seither erhitzt das Thema die Gemüter.

„Wer sich liebt, der soll sich necken“

Bei den Narren im Südwesten leistet Thierse humorvoll Abbitte. Er reimt und dichtet. Und betont die Gemeinsamkeiten. „Wer sich liebt, der soll sich necken. Wer das nicht begreift, der soll uns lecken.“ Er erzählt von den Reaktionen auf das Schrippen-Interview und die Schlagzeilen, die daraus wurden. „Die Journalisten haben mich mit Macht im Schwabenland beliebt gemacht.“

Und auch in Berlin werde diskutiert. „Der Kindergarten lässt mich fragen: Dürfen die Kinder auch Schripple sagen?“ Das Thema, hofft der Mann aus der Hauptstadt, könne von nun an humorvoll behandelt werden. Den Narrenpreis nimmt er „als Zeichen der preußisch-schwäbischen Versöhnung“. Und freut sich, wie bunt und verschieden Deutschland ist. Im Sommer will er wieder am Bodensee urlauben.

Narrenpräsident Roland Wehrle sagt: „Die schwäbisch-alemannische Narrenschelle in Berlin soll Frieden bringen.“ Thierses Äußerungen seien „eine Narretei und eine Tollheit“. Der närrische Preis sei darauf die richtige Antwort. Nach den tollen Tagen dürfe sich auch Thierse wieder ernsten Themen widmen.