Kultur: Tim Schleider (schl)

Eigentlich seltsam, wenn man in einer Zeitung, die auch im Internet erscheint, einen Film würdigt, der seinerseits das amerikanische Radio von anno dunnemals feiert (1938 ff.) – und zwar in einem Dialogtempo, welches  selbst für die rasant verquasselten Allen’schen Verhältnisse außerordentlich zu nennen ist. Dabei spielt Woody Allen in Radio Days gar nicht mit.

 

Aber natürlich erkennt man ihn sofort wieder. Zwölf Jahre alt und mit reichlich Sommersprossen im Gesicht, ist er fast die zentrale Figur in dieser Ode an den Äther, neben, oder besser, vor dem Radio, das wiederum die Hauptrolle hat, wenn es in die New Yorker Lebenswirklichkeit eingreift, wo die Kleinen vom großen Glück träumen, das die Großen gar nicht haben. Der Film endet Silvester 1944 mit einer Hommage an Anton Tschechow. Obwohl handlungshalber auf einem New Yorker Hochausdach angesiedelt, wähnt man die Figuren in dessen  „Kirschgarten“, als es heißt: „Wir werden alt und erfahren nie, was das Ganze bedeutet.“ Das hätte auch Tschechows Diener Firs gesagt haben können. Gemeint ist das Leben, was sonst?