Zahlungsmittel im Wandel Löst das Plastikgeld das Bargeld ab?
Banken lassen sich’s bezahlen, dass sie Bargeld anbieten. Immer häufiger wird bargeldlos bezahlt, aber Bargeld bleibt attraktiv – nicht nur für Bankräuber.
Banken lassen sich’s bezahlen, dass sie Bargeld anbieten. Immer häufiger wird bargeldlos bezahlt, aber Bargeld bleibt attraktiv – nicht nur für Bankräuber.
Ein Euro für das Abheben von Bargeld am Schalter? Ein Leser unserer Zeitung fiel aus allen Wolken, als er dafür von seinem Bankinstitut, der Volksbank Leonberg-Strohgäu, zur Kasse gebeten wurde. Dass Banken und Sparkassen sich diesen Service bezahlen lassen, ist weder ungewöhnlich noch unrechtens: Für das Abheben und Einzahlen von Geld am Schalter dürfen sie grundsätzlich Gebühren fordern – jedoch nur in Höhe der Kosten, die ihnen dadurch entstehen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe Mitte 2019.
Je nach Kontomodell zahlen die Kunden der Volksbank Leonberg-Strohgäu nichts, 50 Cent oder einen Euro fürs Geldabheben am Schalter. Bargeld vorhalten bedeutet für Banken Aufwand: Es muss bestellt, transportiert und sicher aufbewahrt werden. Das kostet. Die Volksbank Leonberg-Strohgäu mit ihren 16 Geschäftsstellen hat nach eigenen Angaben voriges Jahr mehr als 140 000 Euro für die Bargeldvorhaltung bezahlt. „Zuzüglich der Kosten für die Versicherung des Bargelds“, sagt Heike Rilling, Teamleiterin in der Unternehmenskommunikation. Zwar steckt auch in Bankomaten Bargeld, für dessen Abheben aber keine Extragebühr fällig wird. Für das Abheben am Schalter verlangen Banken unter Umständen eine Gebühr, weil das Personal damit Arbeit hat. Es verbucht, stellt Belege aus. Beschwerden wegen der Gebühren liegen der Bank laut Rilling keine vor. Den Service am Schalter würden ohnehin immer weniger Kunden nutzen. Sie rät: „Jeder Kunde sollte das Kontomodell wählen, das seinem Konsumverhalten angemessen ist.“
Die Banken- und Sparkassenverbände erheben keine Zahlen dazu, wie viele ihrer Mitglieder Gebühren verlangen. Die Institute würden die Konditionen für ihre Dienstleistungen eigenständig festlegen, teilen sie mit. Aus kartellrechtlichen Gründen dürfe man keine Einschätzung abgeben. Aber klar ist, die Versorgung mit Bargeld hat in Deutschland einen großen Stellenwert. Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, spricht von einer „ausgeprägten Bargeldpräferenz“ der Menschen in Deutschland. Er betont auch, die Banken wollen das Bargeld weder benachteiligen noch bevorzugen. „Wir lenken nicht, sondern stellen das zur Verfügung, was die Kunden wollen.“ Banken hätten viele Filialen umgebaut. „Den klassischen Kassierer hinter der Glasscheibe gibt es nicht mehr, dafür viel Platz für Service und Beratung.“
Aus Sicht der Verbraucherzentralen hat die Bargeldzahlung nach wie vor einen großen Vorteil: Sie schützt die Privatsphäre. Wer keine Produktvorlieben, Einkaufsorte oder Ausgaben preisgeben will, ist mit Münzen und Scheinen auf der sicheren Seite. Auch lässt sich bei der Barzahlung direkter erfassen, wie schnell es ausgegeben ist.
Das Bargeld in den Bankfilialen macht diese auch für Bankräuber attraktiv, wie ein Fall aus dem Landkreis Ludwigsburg zeigt, der derzeit am Landgericht Stuttgart verhandelt wird. Der 31-jährige Angeklagte soll im Februar vergangenen Jahres die Kreissparkasse in Münchingen überfallen und 89 500 Euro erbeutet haben, wenige Monate später eine weitere Filiale. Dabei erbeutete er mehr als hunderttausend Euro. Die Staatsanwaltschaft hat neun Jahre Gefängnis gefordert, das Urteil steht aus.
Viele Bankomaten indes sind zum Schutz vor Überfällen wie Sprengungen entsprechend präpariert. Die Volksbank Leonberg-Strohgäu zum Beispiel, die insgesamt 30 Geldautomaten betreibt, hat alle mit Farbpatronen nachgerüstet. „Als abschreckende Maßnahme“, sagt die Unternehmenssprecherin Heike Rilling: Bei einer Automatensprengung wird das Geld eingefärbt.
Die Deutschen hängen am Bargeld, gleichwohl wird die bargeldlose Bezahlung bei Kunden im Einzelhandel und Restaurantbesuchern immer beliebter – ganz im Sinne der Banken, die weniger Bargeld vorhalten müssen und damit Kosten sparen. Die Banken widersprechen zudem der Verbraucherzentrale in einem Punkt: Man habe bei der bargeldlosen Bezahlung eine deutlich übersichtlichere Kontrolle über die Ausgaben. Sämtliche Abbuchungen zeige der Kontoauszug oder die Online-Umsatzanzeige übersichtlich und detailliert.
Laut Michael Heinle, dem Sprecher des Einzelhandelsverbands Baden-Württemberg, wird die bargeldlose Bezahlung immer wichtiger. Die Händler passen sich an, mehr als 90 Prozent ermöglichen die Kartenzahlung, während es „ganz, ganz kleine Händler nicht anbieten“. Viele Kunden legen ausdrücklich Wert auf das bargeldlose Bezahlen. „Viele haben keine 20 Euro mehr in der Tasche.“ Bevor sie aus dem Laden gehen, ohne etwas gekauft zu haben, bietet der Handel doch lieber die Kartenzahlung an.
Im Jahr 2015 wurde 53,4 Prozent des Umsatzes im stationären Einzelhandel in bar gemacht. Sieben Jahre später, 2022, waren es noch 37 Prozent. Es sei „ein Trend, der nicht mehr aufzuhalten ist“, sagt Heinle. Das sieht auch Daniel Ohl so, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands des Landes. Die Gastronomie gehe mit der Zeit und der Trend sei in der Gastronomie deutlich, auch wenn es keine repräsentative Untersuchung gebe, „ermöglichen moderne Kassensysteme eine einwandfreie Verbuchung der Trinkgelder als Trinkgeld“. Nach wie vor gebe es aber auch jene, die ausschließlich auf Bargeld setzen. „Die Welt ist bunt“, sagt Daniel Ohl.
Doch auch die Kartenzahlung ist nicht umsonst. Die eben veröffentlichte Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2024“ des EHI Retail Institutes in Köln – einem Forschungsinstitut für den Handel – zeigt, dass die Menschen hierzulande am liebsten mit der Girocard zahlen. Die Debitkarte liegt mit 42,4 Prozent des Gesamtumsatzes deutlich vor Kreditkarten im klassischen Sinne. Das Zahlungssystem Girocard betreibt die Deutsche Kreditwirtschaft seit dem Jahr 1990. Die Banken erhalten je Transaktion 0,2 Prozent vom Handel oder von der Gastronomie. Dem Kunden sind diese Kosten vordergründig egal, ihm ist die Flexibilität wichtig: Ein beliebter Service ist die Bargeldauszahlung an der Kasse, das sogenannte Cash Back, angeboten vor allem von Lebensmittelhändlern, Drogeriemärkten und Baumärkten.
Waren
Zunächst wurden Waren direkt gegeneinander getauscht. Sie mussten gegen die benötigten Waren abgegeben werden. Aus diesem Grund entwickelten sich im 6. Jahrtausend vor Christus wertvolle Güter wie zum Beispiel Vieh, Salz, Muscheln oder auch Pfeilspitzen zu Zwischentauschmitteln.
Münzen
Der lydische König Krösus ließ einheitliche Münzen prägen, gefertigt aus einer natürlich vorkommenden Gold-Silber-Legierung. Die Münzen waren einheitlich schwer, man konnte sie einfach abzählen.
Papiergeld
In China ist Papiergeld bereits seit dem 11. Jahrhundert im Umlauf. Die ersten Geldscheine in Europa wurden 1483 als Ersatz für fehlendes Münzgeld in Spanien ausgegeben.
Plastikgeld
Im 20. Jahrhundert wurden immer mehr Zahlungsmittel eingeführt, die den täglichen Geldfluss erleichtern. Die Kreditkarte ist nahezu weltweit als Zahlungsmittel anerkannt.