Der Zirkus Calibastra gastiert wieder auf dem Krehlplatz. 150 Jugendliche, vor allem Schüler der Michael-Bauer-Schule, präsentieren Kunststücke und Clownnummern. Eindrücke aus der Generalprobe.

Vaihingen - Wo sind die Unterhosenrunterzieher? An vieles haben die Organisatoren des Zirkus Calibastra gedacht, praktisch an alles – nur nicht daran: „Mir rutscht meine Unterhose immer über die Kostümhose. Das sieht doch blöd aus“, beschwert sich ein als Steinzeitmensch verkleideter Schüler der Michael-Bauer-Schule. Nackter Oberkörper, wilde Miene, braunes Fellimitat auf brauner Hose – und darüber lugt der blau-weiß gemusterte Stoff einer Boxershorts heraus.

 

Auf seine Klage folgt ein kurzes, ratloses Schweigen der Zirkustrainer. Eine halbe Stunde noch, dann beginnt die Generalprobe des diesjährigen Calibastra-Programms. Keine 24 Stunden später wird die Premiere sein – und das Unterhosenproblem des Steinzeitartisten ist kein Einzelfall. Tatsächlich bräuchten viele aus der Akrobatengruppe einen Unterhosenrunterzieher, wenn es so etwas denn gäbe. „Dann zieht man halt eine braune Unterhose an oder nimmt eine, die eine Nummer kleiner ist“, beendet Jana Harmuth, eine der Zirkustrainerinnen, die Debatte.

Fahne in den Morgenstunden neu geschneidert

Womit wieder ein Problem gelöst ist. Ein anderes hat Harmuth bereits in den frühen Morgenstunden des Tages behoben: Die rot-blaue Fahne des Zirkus’ Calibastra war nicht aufzufinden. Sie wird traditionell während des Einzugs der Artisten in die Manege geschwenkt. Als alles Suchen nichts brachte, hat sich Harmuth kurzerhand an die Nähmaschine gesetzt und eine neue geschneidert. Nun, zur Generalprobe, gibt es also eine schönere Fahne denn je.

Noch bis Sonntag gastiert der Zirkus Calibastra im Zirkuszelt auf dem Krehlplatz in Rohr. 150 Artisten, vor allem Schüler der Vaihinger Waldorfschule, bieten in der Manege Kunststücke und Clownnummern dar. Ein Jahr lang haben sie zusammen mit ihren rund 30 Trainern am aktuellen Programm „Zeitenwirbel“ gefeilt. Darin geht es um einen Professor, der eine Zeitmaschine entwickelt hat und damit eine abenteuerliche Reise durch die verschiedenen Jahrhunderte antritt.

Einmal Zirkus – immer Zirkus

Jana Harmuth ist eine der Zirkustrainerinnen. Die Erzieherin ist 25 Jahre alt, war selbst Schülerin der Michael-Bauer-Schule und hat als Sechstklässlerin zum ersten Mal im Zirkus Calibastra mitgemacht. Heute betreut sie immer noch ehrenamtlich eine Artistengruppe und hat sich für die Tage der Aufführung Urlaub genommen – wie jedes Jahr. „Man bleibt einfach mit dem Herzen dabei“, sagt sie. Wer einmal an dem Zirkus mitgewirkt hat, der jeden Sommer mit einem neuen Programm auf dem Krehlplatz gastiert, den lasse die Faszination dafür nicht mehr los.

Noch 20 Minuten bis zur Generalprobe: In der Manage springen Clowns, Steinzeitmenschen und Marsmännchen durcheinander. „Jetzt hört noch mal zu“, gibt Zirkustrainer Timon Schilling letzte Anweisungen. „Ihr wartet immer ab, bis sich der Vorhang ganz geöffnet hat“, ruft er den Schülern zu. „Lächeln, wenn ihr in die Manege lauft!“ Und die Schuhe ausziehen, schließlich gelte dort das Barfußgebot. „Ich weiß, dass ihr dann aufgeregt seid, aber es soll ja alles gut aussehen“, ruft er gegen das laute „Ffffffffff“ der Luftballonmaschine an. Zum Einzug soll möglichst jeder Akrobat und jeder Clown einen bunten Ballon schwenken.

„Ach, wir haben ja noch einen ganzen Tag Zeit“

Noch 15 Minuten bis zur Generalprobe: Im Zirkuszelt beginnt die Band zu spielen. Hinter dem Zirkuszelt wird noch an der Zeitmaschine gebastelt. Mehrere Helfer schneiden an einem autoähnlichen Gefährt aus weißer Pappe herum. Noch entspricht es nicht dem Geschmack seiner Hersteller. „Ach, wir haben ja noch einen ganzen Tag Zeit“, gibt man sich gelassen. Keine zehn Schritte entfernt malt Magdalena Wäckerle im Schminkzelt im Akkord rote Lippen auf Steinzeitmenschenmünder. Auch Wäckerle ist eine ehemalige Schülerin der Michael-Bauer-Schule, ist ebenfalls als Schülerin im Zirkus Calibastra aufgetreten und hilft nun jedes Jahr mit. Philipp, ein Steinzeitmensch und Schüler aus der achten Klasse der Waldorfschule, lässt das Schminken mit stoischer Miene über sich ergehen. Am Anfang dauert es immer ein bisschen länger. „Später brauche ich je nach Maske nur noch zwei Minuten pro Schüler“, sagt Wäckerle.

Noch zehn Minuten bis zur Generalprobe: Die ersten Zuschauer strömen bereits ins Zirkuszelt. Die Luft ist schwülheiß. Ein Zirkustrainer sprengt mit dem Gartenschlauch noch rasch das Sägemehl in der Manege. Die drei Männer von der städtischen Feuerwehr, die im Halbdunkel neben dem Eingang stehen, quittieren dies mit einem wohlwollenden Lächeln. Schließlich wird auch ein Feuerschlucker auftreten – und da soll kein Funkenschlag Unheil anrichten. Jana Harmuth steht mitten im Gewühl und lacht. Es ist so wie jedes Jahr, zum Schluss wird es noch mal hektisch. „Das wäre ja langweilig, wenn wir hier herum sitzen könnten, um Kaffee zu trinken.“