Nun soll es einen Bürgerentscheid zu diesem Projekt geben. Doch die Fraktionen und die Stadtverwaltung streiten über die richtige Formulierung für die Abstimmung.

Herrenberg - E ist nicht immer einfach mit der Bürgerbeteiligung. Diese Erfahrung muss Thomas Sprißler, der Oberbürgermeister von Herrenberg, für das der Slogan „Mitmach-Stadt“ ausgerufen wurde, des Öfteren machen. Trotz Informationen und Mitsprachemöglichkeiten bei allen großen Projekten formieren sich immer wieder Bürgerinitiativen gegen die Pläne. Jüngster Zankapfel ist der geplante Bau eines Park- und Geschäftshauses in der Hindenburgstraße.

 

Sprißler hatte im November von den Stadträten den Auftrag erhalten, mit möglichen Investoren für das Grundstück zu verhandeln. Doch nun hat sich eine Bürgerinitiative (BI) gegen diesen Plan gebildet. Diese fordert: „Wir wollen die Grünfläche neben der Volksbank als Frischluftschneise freihalten.“ Auf keinen Fall dürfe dort ein Parkhaus gebaut werden. Die Fraktionen der Grünen, SPD und der Frauenliste haben sich dem Protest angeschlossen. Es wurde ein Bürgerentscheid beantragt.

Bürgerentscheid für 26. Mai geplant

Die Stadtverwaltung reagierte prompt. Schon an diesem Dienstag soll im Gemeinderat über einen Bürgerentscheid am 26. Mai entschieden werden. Doch schon wieder formiert sich Widerstand. Nun gegen die Formulierung der Frage, die den Bürgern vorgelegt werden soll.

„Stimmen Sie zu, dass ein Geschäftshaus mit rückwärtiger Tiefgarage/Parkhaus auf der unbebauten Fläche an der Hindenburgstraße westlich der Volksbank gebaut wird?“, lautet die Frage, die noch mit zwei Zusätzen versehen ist: Zum einen solle gebaut werden, „um den Parkplatzsuchverkehr, wie im städtischen Mobilitätskonzept vorgesehen, aus Richtung Tübingen kommend vor dem Reinhold-Schick-Platz abzufangen“, zum anderen, „damit altstadtnahe Parkplätze als Ersatz für einen weitgehend autofreien Graben angeboten werden können und die Moltkestraße weitgehend autofrei gestaltet werden kann“.

„Das ist nicht neutral, sondern gibt die Position der Stadtverwaltung wieder“, sagt Constantin Boytscheff, einer der vier Sprecher der BI, ein Architekt und Stadtplaner im Ruhestand. Auch die Gemeinderäte von SPD, Grünen und Frauenliste sehen das so und haben signalisiert, dass sie wegen der Zusätze gegen einen Bürgerentscheid stimmen werden. Dann würde die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit fehlen. Dies will der OB Sprißler nicht: „Wir wollen schnell Gewissheit, wie wir planen können.“ Deshalb hat die Verwaltung bereits neue Formulierungen an die Fraktionen geschickt. „Wir sind auf einem guten Weg. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns einigen“, sagt der SPD-Fraktionschef Bodo Philipsen.

Noch völlig offen ist hingegen, wie der Bürgerentscheid ausgehen wird. Der Oberbürgermeister ist sich sicher, „dass wir gute Argumente für den Bau haben“. Für ihn ist der Neubau eines Parkhauses ein Baustein des neuen Mobilitätskonzepts der Stadt, das auch den Ausbau von Radwegen und des Öffentlichen Nahverkehrs sowie eine Fußgängerachse vom Marktplatz bis zum Bahnhof beinhaltet. „Uns ist wichtig, den Parkplatzsuchverkehr vor dem Reinhold-Schick-Platz abzufangen“, betont Sprißler.

Zentrales Parkhaus lockt mehr Autofahrer an, befürchten die Gegner

Genau dies befürchten jedoch die Mitglieder der BI. „Ein zentrales Parkhaus kurz vor dem Reinhold-Schick-Platz lockt auch die Autofahrer aus Richtung Horb und Nagold an, die dann deshalb über den Schick-Platz fahren“, meint Kerstin Strubbe, eine BI-Sprecherin. Zudem würde es den Verkehrsfluss in der Hindenburgstraße behindern, wenn die Autos zum Parkhaus abbiegen. „Und die Busse können deshalb den Fahrplan nicht einhalten“, sagt ihre Kollegin Waltraud Pfisterer-Preiss.

Die Initiative bezweifelt, dass ein weiteres Parkhaus überhaupt notwendig ist. „Im Altstadtparkhaus sind sogar samstags immer viele Parkplätze frei“, schildert Pfisterer-Preiss ihre Beobachtung. Die SPD hat den Antrag gestellt, alternative Standorte für ein Parkhaus zu prüfen. Sechs Möglichkeiten zwischen Volkshochschule, Hasenplatz und Altstadtgarage hat sie aufgelistet.

Auch den Bau eines Geschäftshauses in der Hindenburgstraße lehnen die Mitglieder der BI übrigens ab. „Warum will die Stadt eine städtische Fläche an einen Investor zur Bebauung geben“, fragt Boytscheff. „Die Stadtverwaltung sollte lieber mehr in die Altstadt investieren. Dort verfallen Immobilien und stehen Läden leer.“