Die Ausbildung islamischer Religionslehrer ist umstritten. Eine Professorenstelle an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg bleibt vorerst unbesetzt.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Der Versuch, an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg eine neue Professorenstelle für die Ausbildung islamischer Religionslehrer zu besetzen, ist im ersten Anlauf gescheitert. Seit Monaten versuchen konservative Islamverbände hinter den Kulissen zu verhindern, dass ein muslimischer Reformtheologe mit der Aufgabe betreut wird. Nun ist die umstrittene Stelle erneut ausgeschrieben.

 

Bei der ersten Ausschreibung Ende 2017 hatten sich laut Auskunft des Rektors Ulrich Druwe 19 Bewerber gemeldet. Am Ende blieb nach Informationen der Stuttgarter Zeitung aber nur einer übrig, den die Auswahlkommission für geeignet gehalten hätte: Abdel-Hakim Ourghi, ein prominenter Islam-Reformer. Er ist Dozent in Freiburg. Gegen seine Berufung gibt es jedoch massiven Widerstand aus Muslimverbänden.

Interreligiöse Offenheit wird in der neuen Stellenanzeige betont

Der StZ liegt ein Papier vor, in dem „erhebliche Bedenken“ geltend gemacht werden, weil Ourghi „Problemphänomene wie religiös motivierten Terrorismus und frauenfeindliche Verhaltenweisen bei manchen Muslimen“ instrumentalisiere. Das Papier war zunächst als öffentliche Stellungnahme gedacht, wurde dann aber zurückgezogen. Aus der Hochschule ist zu erfahren, dass konservative muslimische Verbände gegen eine Berufung Ourghis als Professor „Sturm gelaufen“ seien.

Weil es am Ende nur einen akzeptablen Bewerber gab, wurde der Posten jetzt erneut ausgeschrieben. In der Stellenanzeige wird eigenes betont, dass „interreligiöse Offenheit und Verständigung auf der Grundlage einer historisch-kritischen islamischen Theologie“ vorausgesetzt würden. Im Unterschied zur ersten Ausschreibung heißt es außerdem, dass „die Berücksichtigung der Genderthematik in Forschung und Lehre erwünscht“ sei.

Der Einfluss der konservativen Kritiker ist enorm

Nach Auskunft des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums hat der Projektbeirat Islamischer Religionsunterricht, in dem mehrere Muslimverbände vertreten sind – wie die umstrittene Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen (Ditib) – bei der Besetzung dieser Stelle „keine Funktion“. Er werde „ausschließlich in bekenntnisrelevanten Fragen“ gehört. Was die Professorenstelle in Freiburg angeht, so werde „die Wissenschaftsfreiheit gewahrt“. Die Auswahl der Bewerber erfolge „nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien“.

An der PH Freiburg wird befürchtet, dass der Islam-Reformer Ourghi durch den massiven Einfluss konservativer Kritiker abgeschreckt werden könnte. Ourghi selbst behält sich vor, andernorts nach einer geeigneten Stelle zu suchen. Der 50 Jahre alte Wissenschaftler, geboren in Algerien, hat im vergangenen Jahr ein Buch veröffentlicht, in dem er 40 Thesen zur Reform des Islam formuliert. Er macht sich darin stark für eine „Rebellion der Vernunft gegen den verstockten konservativen Islam“. Es sei „Zeit für einen europäischen Islam“. Das Buch fand große Beachtung, auch im deutschsprachigen Ausland.