Zukunft der Esslinger Innenstadt Soll das Kögel-Haus zu digitalem Leuchtturm werden?

Über die Zukunft des Kögel-Gebäudes in der Esslinger Innenstadt wird seit Wochen intensiv diskutiert. Foto: Roberto Bulgrin

In der Debatte über die Zukunft der Esslinger Innenstadt und den Vorschlag des Oberbürgermeisters, mit der Stadtbücherei in das frei werdende Modehaus Kögel umzuziehen, bringt die CDU die Einrichtung eines digitalen Bürger- und Medienzentrums als Alternative ins Gespräch.

Im Dezember möchte der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer seine Pläne für die Zukunft der Innenstadt im Gemeinderat konkretisieren. Die Eckpunkte sind klar: Die Stadtbücherei soll vom Bebenhäuser Pfleghof in das bisherige Modehaus Kögel umziehen, die Volkshochschule soll aus der Weststadt in das Karstadt-Gebäude in der Bahnhofstraße wechseln, im Pfleghof könnten kulturelle Einrichtungen wie die städtischen Museen unterkommen.

 

Während man im Rathaus die Details dieser Variante untersucht, sieht die CDU-Ratsfraktion keinen Grund für eine voreilige Festlegung. Weil es gelte, an dieser exponierten Stelle der Stadt „nicht die erstbeste, sondern die bestmögliche Variante zu wählen“, wollen die Christdemokraten alternativ zu dem angedachten Umzug der Bücherei auch die Möglichkeit eines digitalen Bürger- und Medienzentrums in dem Kögel-Gebäude prüfen lassen.

Handel hat Vorrang“

Grundsätzlich begrüßt die CDU das Bemühen, das frei werdende Haus rasch neu zu nutzen, favorisiert aber weiter den Wunsch, dort wieder Handel anzusiedeln. Sollte dies nicht möglich sein, sei es richtig, alternative Nutzungen zu suchen. „Die Verlagerung der Stadtbücherei um circa 150 Meter ist aus unserer Sicht jedoch kein Garant für mehr Frequenz“, betont der CDU-Fraktionschef Tim Hauser. „Wenn wir es ernst meinen mit dem Wunsch, die Innenstadt durch zusätzliche Attraktivität zu beleben und damit den Folgen des Strukturwandels entgegenzuwirken, brauchen wir neue Frequenzbringer für diesen Standort, die weitere Zielgruppen ansprechen.“

Ihren Vorstoß hat die CDU-Ratsfraktion mit einem Antrag untermauert. Darin wird gefordert, die Verwaltung solle berichten, ob und welche Anstrengungen unternommen wurden, um das Modehaus Kögel wieder mit Handel zu beleben. Alternativ zu einem Umzug der Bücherei solle die Stadt ein Konzept für ein digitales Bürger- und Medienzentrum im Kögel-Haus prüfen. Hauser legt Wert darauf, „dass wir vor einer endgültigen Entscheidung, die für die weitere Entwicklung der Innenstadt von zentraler Bedeutung ist, verschiedene Varianten unvoreingenommen und genau prüfen“.

Erst wenn man überzeugt sei, den richtigen Weg gefunden zu haben, solle man ihn einschlagen. Ihren Antrag hat die CDU am 31. Oktober eingereicht. Überrascht zeigt sich Hauser, dass der Antrag nicht auf der Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung steht: „Das wäre nötig, damit er rechtzeitig zur Vorberatung an die Ausschüsse verwiesen werden kann. Nur so können beide Varianten im Dezember gleichberechtigt vorgestellt werden.“ Die Stadtverwaltung teilt auf Nachfrage mit, dass der CDU-Antrag wegen der Herbstferien nicht rechtzeitig bearbeitet werden konnte und deshalb erst im Dezember auf der Tagesordnung auftaucht, um in die Ausschüsse verwiesen zu werden.

„Moderne Variante der klassischen Bibliothek“

Den Gedanken eines digitalen Bürger- und Medienzentrums im Kögel-Haus zu prüfen bietet sich für die CDU an. Die Stadt Esslingen verstehe sich als Vorreiterin in Sachen Digitalisierung. Schon deshalb sei ein solches Projekt „als moderne Variante der klassischen Bibliothek denkbar und zeitgemäß“. Zudem könnten der Umbauaufwand und damit die Kosten geringer ausfallen. Und der Pfleghof müsse auch dann saniert werden, wenn die Museen dort einziehen sollten.

In einem digitalen Medienzentrum, wie es unlängst auch der Förderverein der Stadtbücherei ins Gespräch gebracht hatte, könnten etwa ein Digitallabor für Schulen zur Produktion von Podcasts und kleinen Filmen, ein Maker-Space zur technischen und digitalen Teilhabe, eine Medienwerkstatt mit Anleitung und Ausleihe digitaler Geräte und eine „Bibliothek der Dinge mit technischen Geräten“ Platz finden. Zudem biete sich die Chance, dringend nötige Plätze für ungestörtes Lernen, eine Reparaturwerkstatt und ein „Digital-Café“ einzurichten, um die digitalen Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. „So könnten nicht nur die Esslinger Schulen aktiv unterstützt werden, um digitales Lernen zu erleichtern“, betont Hauser, der sich Synergien mit der Hochschule, Handwerksinnungen, Technologieunternehmen und der IHK verspricht – und mit Ehrenamtlichen: Eine Etage könnte „als variabel und niederschwellig nutzbare Pop-up-Fläche genutzt werden – zum Beispiel als Begegnungsstätte für Bürgerinnen und Bürger oder als unkomplizierter Treffpunkt für Ehrenamtliche“.

Die Christdemokraten sehen die Chance, mit einem digitalen Bürger- und Medienzentrum „ein herausragendes Leuchtturmprojekt im Mittleren Neckarraum entstehen zu lassen, das den Bürgerinnen und Bürgern ein soziales Miteinander mit hoher Aufenthaltsqualität und einen niedrigschwelligen Zugang zu allen digitalen Zukunftsthemen bietet und zukunftsweisend und beispielgebend für andere Städte und Gemeinden ist“. Damit könnten „ganz neue Zielgruppen angesprochen und die Besucherfrequenz in der Innenstadt tatsächlich erhöht werden“.

Positionen zur Zukunft des Kögel-Gebäudes

Der OB
 Mitte September hat Matthias Klopfer mit dem Vorschlag überrascht, durch die zentrale Ansiedlung von Volkshochschule und Stadtbücherei sowie die gleichzeitige Entwicklung eines Kulturquartiers die Esslinger Innenstadt zu stärken. Ein zentraler Baustein dieses Konzepts wäre der Umzug der Stadtbücherei in das bisherige Kögel-Gebäude am Postmichelbrunnen.

Die Förderer
Der Förderverein der Bücherei hat zahlreiche Fragen formuliert, die vor einer Entscheidung beantwortet werden müssten. Der Verein kann sich vorstellen, in einem digitalen Medienzentrum im Kögel-Haus „Teile der angestrebten Funktionen einer Bücherei der Zukunft unterzubringen und so zur Entspannung der beengten Raumsituation im Pfleghof beizutragen“.

Die Architekten
 Der Planungsbeirat der Esslinger Architektinnen und Architekten begrüßt OB Klopfers Überlegungen für eine kulturelle Belebung der Innenstadt und wünscht sich Diskussionen in großer Offenheit, um gemeinsam die besten Lösungen für das Kögel-Gebäude zu entwickeln. Ziel müsse eine attraktive und langfristig angelegte Bibliothek sein. 

Weitere Themen