Der Energieversorger mischt bei mehreren Vorhaben in Baden-Württemberg mit. Als Bauherrin legt er bei einem Leuchtturmprojekt aber eine Pause ein.
Die EnBW setzt auf Nachhaltigkeit und will moderne Quartiere entwickeln. „Aktuell betreuen wir mehrere Dutzend Quartiersprojekte in ganz Baden-Württemberg. Sechs davon sind in der Region Stuttgart“, berichtet Stefanie Jelinek, Leiterin der Abteilung Urbane Infrastruktur/Nachhaltige Quartiere bei der EnBW. „Mit der nachhaltigen Quartiersentwicklung wollen wir innovative und nachhaltige Infrastrukturen entwickeln mit dem Ziel, CO2-Emissionen einzusparen beziehungsweise zu reduzieren“, beschreibt sie die Zielsetzung des Energieversorgers.
„Bei unseren Projekten koppeln wir die Erzeugung erneuerbarer Energie mit der Strom- und Wärmeversorgung sowie der Mobilität. Als Konzern beherrschen wir die Komplexität bei diesem Thema und können Kommunen helfen, neue innovative und nachhaltige Quartiere zu erschließen. Bei Neubauquartieren schaffen wir es, die CO2-Emissionen zu senken sowie wirtschaftlich tragfähige Modelle zu entwickeln“, berichtet sie.
Flusswärme, Wärmepumpen, Photovoltaik
In der Regel erstellt die EnBW vor einer Ausschreibung eine Machbarkeitsstudie, in der etwa untersucht wird, ob die Nutzung von Geothermie oder Abwasserwärme möglich ist. „Bei unseren Projekten sind wir für die Infrastruktur verantwortlich. Unsere Kunden sind hauptsächlich Kommunen, Projektentwickler oder private Investoren – wie beim Hess-Areal in Waiblingen, einer früheren Ziegelfabrik.“ Dort entsteht auf 22 Hektar ein Quartier, das mittels oberflächennaher Geothermie und zentralen Wärmepumpen sowie Photovoltaik mit Wärme, Kälte und Strom versorgt wird. Zudem ist ein größeres Mobilitätskonzept geplant, da das Quartier in unmittelbarer Nähe zum Daimlerwerk liegt.
Bei den Projekten handelt es sich laut Jelinek um Vorhaben mit meist 100 bis 800 Wohneinheiten, manchmal mit gemischter Nutzung. Es gibt aber auch reine Gewerbeparks. „In Ostfildern setzen wir zur Wärme- und Kälteversorgung des Gewerbeparks Scharnhausen West konsequent auf Umweltenergien durch Erdwärme und Wärmepumpen. Mit Blick auf die Zukunft verlegen wir bereits heute Rohre für eine spätere Versorgung mit Wasserstoff“, berichtet Jelinek. Zudem entsteht ein moderner Mobilitäts-Hub mit fast 800 Stellplätzen.
Zu den kleineren Projekten der EnBW gehört das Quartier „Wohnen am Fluss“ in Untertürkheim mit 140 Wohneinheiten. Hier werden die Flusswasserwärme und zentrale Wärmepumpen sowie Photovoltaik für die Gewinnung von Wärme, Kälte und Strom genutzt. Und auch ein Mobilitätskonzept ist vorgesehen.
Ziel ist unabhängigere Energieversorgung
Das EnBW-Geschäftsfeld Urbane Infrastrukturen/Nachhaltige Quartiere hat zuletzt an Bedeutung gewonnen. „Durch den Ukraine-Krieg und den Energiepreisanstieg ist der Wunsch nach unabhängigerer Energieversorgung gewachsen“, berichtet Jelinek: „Wir schaffen einen Autarkiegrad von 70 bis 80 Prozent bei einer gleichzeitigen Preissicherheit für die Kunden. Dies ermöglichen wir zum Beispiel durch die Nutzung von Geothermie, Flusswasserwärme und Abwasserwärme“. Zusatzstrom brauche man nur zum Ausgleich von Schwankungen bei der Erzeugung und um Flexibilität zu wahren. Auch die steigenden Zinsen ändern nach Einschätzung Jelineks nichts an der dynamischen Entwicklung des Geschäftsfeldes: Der grundsätzliche Trend, dass Wohnraum geschaffen werden müsse, bleibe bestehen, aber manche Projekte könnten gebremst werden.
So zum Beispiel das EnBW-Leuchtturmprojekt am Stöckach in Stuttgart. Dort wollte die EnBW selbst bauen, ihr gehört das Grundstück. Die verschlechterten Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt haben das Vorzeigeprojekt der Stadt Stuttgart für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2027 erstmal zu Fall gebracht. Das auf dem alten Stuttgarter EnBW-Betriebsgelände geplante Projekt für ein klimaneutrales Wohnquartier mit 700 Wohnungen, Grundschule, Kindertagesstätte, Spielplatz, Pflegeheim und Einzelhandel des Energieversorgers liegt auf unbestimmte Zeit auf Eis. Man glaube aber „weiterhin an das Quartier als bedeutendes Projekt für die zukunftsfähige Stadtentwicklung in Stuttgart“.