Zusammenleben mit Muslimen Ramadan in Zeiten der Hetze
Der Nahostkonflikt wird zu einer Belastungsprobe für das Zusammenleben mit den Muslimen, meint unser Autor Armin Käfer.
Der Nahostkonflikt wird zu einer Belastungsprobe für das Zusammenleben mit den Muslimen, meint unser Autor Armin Käfer.
An diesem Sonntag hat der Ramadan begonnen – für sechs Millionen Menschen in Deutschland so wichtig wie Ostern oder Weihnachten für die meisten anderen. „Happy Ramadan“ leuchtet in Frankfurt über der Einkaufsmeile, wo vor drei Monaten noch Adventskerzen brannten. Die evangelische Kirche hat ein Grußwort an die Muslime verschickt, die das Fastenritual in den 30 Stuttgarter Moscheen feiern (und in knapp 3000 weiteren anderswo in der Republik). Der Islam gehört inzwischen ganz offenkundig zu Deutschland. Mehr noch als im Jahr 2010, als Bundespräsident Christian Wulff diese damals umstrittene Formel geprägt hat.
Zweifel sind neuerdings wieder in Wulffs Partei aufgekommen, der CDU. Sie distanziert sich von seinem integrativ gemeinten Befund. Im neuen Grundsatzprogramm der christlich etikettierten Partei heißt es stattdessen: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Mit diesem Satz ist allerdings nicht einmal der Vorsitzende Friedrich Merz richtig zufrieden. Er könnte als ausgrenzend gedeutet werden, als diskriminierend gar, ist zumindest interpretationsbedürftig. Ja, was denn nun?
Zu unserem Land mit seiner freiheitlichen, demokratischen Verfassung gehören generell nur Menschen, welche die Werte dieser Verfassung teilen – ob Muslime oder nicht. Insofern sollten sich auch nichtmuslimische Rechtsextremisten ausgegrenzt fühlen. Ihre Phrasen samt muslimfeindlicher Sprüche sind ein Hohn auf die Verfassung.
Das Zusammenleben mit den Muslimen ist jedoch gerade einer Belastungsprobe ausgesetzt, die mit den Werten und der Geschichte Deutschlands zu tun hat. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israelis sehen sich Muslime hierzulande im Spannungsfeld zwischen der Solidarität mit ihren palästinensischen Glaubensgenossen und dem Bekenntnis Deutschlands, wonach die Sicherheit Israels Teil unserer Staatsräson ist.
In den ersten drei Monaten nach dem Hamas-Massaker häuften sich antisemitische Straftaten. Binnen weniger Wochen waren es mehr als 2000. In den meisten Fällen wird islamistischer Hass als Motiv vermutet – falsch verstandenes Mitgefühl mit zivilen Kriegsopfern in Gaza und kaltherzige Ignoranz für das Leiden auf israelischer Seite. Nicht jeder Muslim ist ein Islamist, aber die Ignoranz und die Sympathien für Hamas sind in muslimischen Milieus weit verbreitet. „Juden sind Projektionsflächen für die historische Krise des Islam“, sagt der (unter Muslimen umstrittene) Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Allerdings sind „nicht ,die Muslime’ antisemitisch, sondern radikale Teile von ihnen“, so schreibt der jüdische Publizist Michel Friedman in seinem neuesten Buch. „Die Muslime sind nicht meine Feinde, mein Problem sind radikale, fanatische Islamisten.“ Damit ist eigentlich alles gesagt.
Die Muslime in Deutschland sind herausgefordert. Sie müssen sich entscheiden, wem sie sich zugehörig fühlen: einer Gesellschaft, die auf Respekt und Toleranz gründet, sich zur Meinungs- und Religionsfreiheit bekennt sowie zum Existenzrecht Israels – oder den Hitzköpfen, denen es zu verdanken ist, dass der Zugang zur Frankfurter City, wo das Schild mit der Botschaft „Happy Ramadan“ hängt, mit Pollern verbarrikadiert werden musste. Es gibt keinen jüdischen Terrorismus, vor dem wir uns fürchten müssten – aber Terroristen, die sich ungeniert auf Allah berufen. Der Ramadan wäre eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie sich dieser Missbrauch von Religion eingrenzen ließe. Dann hätte das Fasten tatsächlich einen Sinn weit über das ehrwürdige Ritual hinaus.