Ist die Oberfläche wirklich eben, stimmt die Körnung des Asphalts? Ein Messfahrzeug sammelt sogar bei höherem Tempo viele Daten über den Fahrbahnzustand. Falls etwas nicht stimmt, werden Regressforderungen fällig.

Offenburg - So schön kann eine Autobahnfahrt sein: alle drei Spuren frei für viele Kilometer. Und das an einem Werktag um die Mittagszeit auf der A 5 zwischen Offenburg und Rastatt. Hermann Beuchel braucht nicht mal in den Rückspiegel zu schauen. Es kommt keiner. Vor ihm fährt auch keiner. Die Autobahn ist gesperrt für den allgemeinen Verkehr. Der quält sich, Lastwagen an Lastwagen, über die Gegenspur. Hermann Beuchel ist Vermessungsingenieur. Er fährt ein Messfahrzeug, das die Beschaffenheit der ganz neuen Fahrbahndecke kontrolliert. Die rotierenden Laserscanner und Einzelbildkameras auf dem besonderen Dachgepäckträger des Sprinters können bei gutem GPS-Empfang Risse eine Größe von nur zwei Zentimetern erkennen und auf einer Karte markieren. Gemessen wird auf einer Breite von bis zu vier Metern.

 

„Das klappt bei Tempo 70 gut“, sagt Beuchel, während er auf einen Touchscreen-Bildschirm tippt, um die Messung zu starten. „Nur regnen darf es nicht, sonst werden Werte verfälscht.“ Dann sagt er lachend: „Ab und zu muss ich anhalten, auf eine Leiter steigen und Fliegen an den Kameras abwischen.“ Die sind sonst auf den Fotos zu sehen. Alle drei Zentimeter wird fotografiert; das zugeschaltete Blitzlicht verhindert störende Schatten bei Sonnenschein. Und es ermöglicht Messungen in der Dunkelheit. „Nachts ist mir lieber als tagsüber“, sagt Beuchel, während er den Fahrer eines Baustellenfahrzeugs grüßt.

Speicherplatz für 15 Terabyte

Bei der Messfahrt geht es um die Bauabnahme der neuen Fahrbahndecke. Die Zustandserfassung ergibt ein genaues Bild von der Längsebenheit und der Querebenheit, ebenso von den nachträglich im Abstand von jeweils fünf Metern in den Asphalt eingefrästen Rillen. Sie geben dem Belag bei Hitze oder Kälte ein gewisses Spiel für die Ausdehnung. Ob das Mischverhältnis des Asphalts passt, lässt sich auch feststellen. Falls etwas nicht stimmt, werden Regressforderungen fällig. Wie es auf der A 5 aussieht? „Die ist wohl in Ordnung“, meint Beuchel.

15 Terabyte, gewaltige 15 000 Gigabyte, umfasst die Speicherkapazität der Festplatten im Fahrzeug. Das reicht für die Fahrbahn-Oberflächenbilder von einigen Wochen voller Messfahrten. Ein stattlicher Generator im Heck liefert den Strom. Die Auswertung der Daten übernehmen Experten, daraus ergeben sich die „Zeugnisse“ für die Straßen.

Untersuchungsobjekt Landebahn

Hermann Beuchel fährt über Straßen so ziemlich aller Kategorien. 300 Autobahnkilometer schafft er an guten Tagen, 200 auf Landstraßen. Da geht es um Risse in der Oberfläche, Spurrinnen, Griffigkeit und auch um Flickstellen und Schlaglöcher. Selbst Landebahnen von Flughäfen hat er geprüft. „Nachts und schön brav hinter dem Follow-me-Fahrzeug“, sagt der Ingenieur fröhlich. Ein Anlass war, dass Großraumjets vom Typ DC 10 in Frankfurt nach der Landung sehr unruhig rollten. Als Grund stellten sich Bodenwellen außerhalb der Toleranzwerte heraus.

Das wegen seiner Ausrüstung nahezu 3,5 Tonnen schwere Messfahrzeug gehört dem Erfurter Ingenieurbüro Unternehmen Lehmann und Partner. Hermann Beuchel ist in der Regel zehn Tage am Stück im Einsatz kreuz und quer durch die Republik, bevor er wieder Thüringen ansteuert.