Das Leerstandsmanagement der Stadt steht sowohl im Rathaus als auch in der Kultur-Szene in der Kritik. Die bei der Wirtschaftsförderung angesiedelte halbe Stelle soll jetzt neu besetzt werden.
Stuttgart - Vielleicht sind die Welten zu unterschiedlich,die es zu versöhnen gilt. Vielleicht ist die Stelle aber auch in der falschen Abteilung angesiedelt. Die Rede ist von der sperrig „Leerstands- und Zwischennutzungsmanagement“ getauften Aufgabe bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart (WiFö). Vor zwei Jahren mit großem Tamtam gestartet, ist die Stelle bis Samstag neu ausgeschrieben, nachdem sie in der Kreativszene der Stadt schon lange kritisch gesehen wurde. Der Vorwurf: Die Wirtschaftsförderung sei viel zu sehr auf die Kreativwirtschaft fokussiert und vernachlässige Bildende Künstler, Musiker und andere Kreative auf Raumsuche.
„Da wurden bisher Werber, Agenturen, Texter auf Raumsuche bedient, die sich Provisionen leisten können“, kritisiert Dilini C. Keethapongalan von der Initiative Plenty Empty, einer Plattform für kulturelle Leerstandsnutzung in Stuttgart. Genau wie Britta Mösinger mit ihrem Projekt „Leerstand in Stuttgart“ versucht die Initiative, den begrenzten Raum im Stuttgarter Kessel aus kultureller Sicht möglichst sinnvoll zu nutzen. Ähnliches hatte man sich eigentlich auch bei der Wirtschaftsförderung auf die Fahnen geschrieben. Eine Vernetzung mit den privaten Initiativen fand bisher aber nicht statt. Zu der versprochenen beschleunigten Bearbeitung von Anträgen, die das temporäre Bespielen von Off-Locations zum Ziel haben, sei es durch die Stelle laut Keethapongalan auch nicht gekommen. „Nur weil es einen Leerstandsmanager gibt, heißt das nicht, dass die Ämter die Anträge nur noch überfliegen“, sagt Ines Aufrecht, die Chefin der städtischen Wirtschaftsförderung.
Die bisherige Inhaberin der Stelle ist kürzlich auf eigenen Wunsch ins Stadtplanungsamt gewechselt. „Die Dame ist an den Strukturen der Wirtschaftsförderung und an Ines Aufrecht gescheitert“, sagt ein Kulturschaffender. „Sie hat hervorragende Arbeit geleistet“, sagt Ines Aufrecht.
Leitfaden erarbeitet statt Projekte ermöglicht
So sei ein Leitfaden für kreative Interimsnutzung erarbeitet, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe initiiert und eine Leerstands-Datenbank erstellt worden. Spricht man Aufrecht auf konkrete Orte an, die dank der WiFö bespielt wurden, ist die Bilanz überschaubar. Beim Azenberg-Areal sei das Leerstandsmanagement involviert gewesen. Die Ebene 0 beim Züblin-Parkhaus habe man beim Verwaltungsverfahren begleitet. An den erfolgreichsten Interimsprojekten der jüngeren Vergangenheit war die WiFö aber nicht beteiligt.
Wäre es nach dem Leerstandsmanagement der Stadt gegangen, hätte es das spannende Kunst- und Kultur-Projekt „Fangelsbacher Eck“ zum Beispiel gar nicht gegeben. „Die WiFö hatte mir von der Idee abgeraten mit der Begründung, die Tübinger Straße sei ein zu heißes Pflaster“, so der Initiator, der die kreative Spielwiese dann in Eigeninitiative realisierte. „Das ist symptomatisch für die Arbeit von Ines Aufrecht. Man kann von ihrem Vorgänger Klaus Vogt halten, was man will: Der war präsent und hat Dinge auf den Weg gebracht“, sagt ein Kritiker aus der Kultur-Szene.
Bewerbungsfrist endet am 24. Mai
Ein Rathausmitarbeiter stellt die halbe Stelle zum Leerstandsmanagement gleich ganz in Frage: „Das Ergebnis der Stelle ist gleich Null. Da könnte man auf mehrere Schultern verteilt einiges mehr bewirken.“ Das habe sich etwa bei der Diskussion um die Initiative Contain’t in Bad Cannstatt gezeigt. Hier hätte sich die WiFö als Vermittler zwischen Künstlern und Verwaltung profilieren können.
Ines Aufrecht sieht das Leerstandsmanagement dagegen bei sich in guten Händen. Zumindest einen Kritikpunkt will sie in Zukunft aber verbessern: Die Initiativen Plenty Empty und Leerstand in Stuttgart sollen künftig besser eingebunden werden. „Dieser Input ist sehr willkommen“, sagt Aufrecht. Damit der Spagat zwischen der Welt der Künstler auf der einen und der Verwaltung auf der anderen Seite künftig besser gelingt.