Affäre um Cohn-Bendit Gefangen in den Fallen der 68er
Die Verleihung des Theodor-Heuss-Preises am Samstag an den Grünen Daniel Cohn-Bendit ist heftig umstritten. Aber wie sah der gesellschaftliche Hintergrund aus, vor dem Cohn-Bendit einst seine heute pädophil wirkenden Aussagen machte?
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Die heute pädophil wirkenden Äußerungen Daniel Cohn-Bendits haben für heftige Reaktionen gesorgt.
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Linker Studentenführer, Sponti, Europapolitiker: Daniel Cohn-Bendit (Grüne) ist seit jeher eine streitbare Person. In der folgenden Bilderstrecke zeichnen wir die wichtigsten Stationen seines Lebens nach.
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Daniel Cohn-Bendit wurde am 4. April 1945 in Montauban (Frankreich) als Kind deutscher Juden geboren, die 1933 vor den Nationalsozialisten fliehen mussten. 1952 kehrte die Familie nach Deutschland zurück.
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Daniel Cohn-Bendit besuchte bis zu seinem Abitur 1965 die Odenwaldschule im hessischen Ober-Hambach, die 2010 durch Missbrauchsfälle in den siebziger und achtziger Jahren in die Schlagzeilen geriet. Er selbst kann sich jedoch an keine Vorfälle während seiner Schulzeit erinnern.
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Nach dem Abitur in Deutschland kehrte Cohn-Bendit zum Studium der Soziologie nach Frankreich zurück, genauer gesagt nach Paris (Universität Paris-Nanterre). Er hielt in dieser Zeit Kontakt zu linksgesinnten Freunden in Deutschland.
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In Frankreich machte sich Cohn-Bendit in den sechziger Jahren einen Namen als Führungsfigur der Pariser Mairevolution. Sein Spitzname: „Dany le Rouge“ (der rote Dany). Die französische Regierung verwies Cohn-Bendit nach den Unruhen 1968 des Landes und erteilte ihm ein Aufenthaltsverbot.
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Nach seiner Ausweisung aus Frankreich 1968 zog Cohn-Bendit (rechts) nach Frankfurt am Main. Er engagierte sich unter anderem in der Gruppe „Revolutionärer Kampf“ und in einem alternativen Kindergarten (Kinderladen). Zusammen mit seinem WG-Mitbewohner Joschka Fischer (links) zählte Cohn-Bendit in den siebziger Jahren zur Sponti-Szene, die mit Straßenkampf, Hausbesetzungen und Arbeitermobilisierung die Revolution vorantreiben wollte.
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Cohn-Bendit (rechts) hatte sich im Herbst 1968 mit Andreas Baader und Gudrun Ensslin solidarisiert, als die beiden späteren RAF-Mitbegründer wegen der Kaufhaus-Brandstiftungen in Frankfurt am Main verurteilt wurden. Auf dem Bild aus dem Jahr 1974 sitzt Cohn-Bendit bei einer Pressekonferenz neben dem Baader-Meinhof-Anwalt Klaus Croissant (links) und dem französischen Philosoph und Schriftsteller Jean-Paul Sartre. Letzterer hatte zuvor den in Stammheim in Untersuchungshaft sitzenden RAF-Terroristen Andreas Baader besucht.
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Ab 1978 war Cohn-Bendit Herausgeber und verantwortlicher Redakteur des alternativen Frankfurter Stadt- und Sponti-Magazins „Pflasterstrand“. 1978 wurde auch Cohn-Bendits Aufenthaltsverbot in Frankreich aufgehoben.
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1984 wurde Daniel Cohn-Bendit (links) Mitglied bei den Grünen. Er selbst beschreibt sich als „Realo“, zusammen mit seinem Spontifreund Joschka Fischer (rechts) und anderen hatte er 1981 den „Arbeitskreis Realpolitik“ in Frankfurt gegründet. Als Fischer von 1985 bis 1987 hessischer Umweltminister war, fungierte Cohn-Bendit als sein Berater. Das Foto entstand 1987 auf einer Landesdelegiertenversammlung der hessischen Grünen im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim.
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1989 berief der damalige Frankfurter Oberbürgermeister Volker Hauff Cohn-Bendit als ehrenamtlichen Dezernenten für multikulturelle Angelegenheiten. Das Ehrenamt bekleidete er bis 1997. Sein Engagement im Bereich Multikulturalität und Integration brachte ihm die Ehrendoktorwürde der Katholischen Universität Braband in Tilburg (Niederlande) ein. Zudem bekam er den Hanna-Arendt-Preis für politisches Denken, den Cicero-Rednerpreis und mit der „Révélation politique“ eine Auszeichnung für besondere politische Verdienste.
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Bei der Europawahl 1994, von Bündnis 90/Die Grünen nur auf Listenplatz 8 nominiert, zog Cohn-Bendit erstmals in das Europaparlament ein.
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Bei der Europawahl 1999 war Cohn-Bendit Spitzenkandidat der französischen Grünen und erhielt erneut ein Mandat als Europaabgeordneter. Seit 2002 ist er Co-Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Europaparlament. 2004 ließ sich Cohn-Bendit wieder von den deutschen Grünen für die Europawahl aufstellen, 2009 war er dann Kandidat des französischen Parteibündnisses „Europe Écologie“. Für die nächste Europawahl 2014 will Cohn-Bendit nicht mehr kandidieren, das gab er im Februar 2013 bekannt.
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Im März 2013 entspann sich eine heftige Diskussion um die geplante Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an Cohn-Bendit. Ausgezeichnet werden soll der Grüne als Vordenker der Demokratie. Er habe als profilierte Person immer wieder Impulse gegeben, die aufgenommen worden seien, so die Theodor-Heuss-Stiftung. Stein des Anstoßes sind allerdings fast 40 Jahre alter Äußerungen über Intimitäten mit Kindern.
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In seinem Buch „Der große Basar“ (1975) schrieb Cohn-Bendit über seine Zeit im Frankfurter Kinderladen: „Es ist mir mehrmals passiert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen haben, mich zu streicheln. Ich habe je nach den Umständen unterschiedlich reagiert, aber ihr Wunsch stellte mich vor Probleme. Ich habe sie gefragt: „Warum spielt ihr nicht untereinander, warum habt ihr mich ausgewählt und nicht andere Kinder?“ Wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestreichelt.“
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In einem Interview mit dem französischen Fernsehsender Antenne 2 (23. April 1982) sagte Cohn-Bendit: „Die Sexualität eines Kindes ist etwas Fantastisches. Man muss aufrichtig sein, seriös, bei den ganz Kleinen ist es etwas anderes, aber bei den Vier- bis Sechsjährigen, wenn ein kleines fünfjähriges Mädchen beginnt, sie auszuziehen. Es ist großartig, weil es ein Spiel ist, ein wahnsinnig erotisches Spiel.“
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Von seinen Aussagen hat sich Daniel Cohn-Bendit seit Langem distanziert: Er tat sie als „Provokation“ ab und bezeichnete sie selbst als „unerträglich“. Auch Kinder und Eltern von damals entlasteten ihn. Doch die Diskussion darum brandet seit 2001 nun schon zum zweiten Mal auf.